Augusto Mangini ist Vollblut-Geologe. Er kann in den Schichten der Erde lesen wie in einem Buch. Mangini schaut mit seinem kräftigen, geochemischen Fernrohr in die Vergangenheit und macht in den scheinbar monotonen Gesteinsablagerungen faszinierende Muster sichtbar. Anders als seine geologisch datenarmen Physiker-Kollegen vom Weltklimarat lange fälschlicherweise angenommen hatten, waren die letzten 10.000 Jahre der Erdgeschichte durch eine bewegte Temperaturachterbahn geprägt. Warme Phasen wechselten im hundert und tausend Jahre Maßstab mit kalten Phasen ab. Die globalen Durchschnitts-Temperaturen schwankten um etwa ein Grad, in einzelnen Regionen sogar gleich um mehrere Grad. Die fossile Temperaturentwicklung spricht eine klare Sprache: Während der letzten Wärmeperiode, der sogenannten Mittelalterlichen Wärmephase, waren die Temperaturen sogar höher als heute. Und das obwohl die CO2-Konzentration damals deutlich niedriger lagen als heute. Mangini hat mit seinen Messungen der Anwachsschichten von Tropfsteinen in vielen Teilen der Erde einen wahren Datenschatz erzeugt. Fachlich hat er alles richtig gemacht. Niemand konnte seine Ergebnisse bis heute widerlegen. Denn sie stimmen wohl, davon ist auszugehen.
Trotzdem beging Mangini aber einen schlimmen Fehler. Er glaubte nämlich allen Ernstes, dass er seine Resultate in eine politisierte Debatte einbringen könnte. Dabei hatte er übersehen, dass die herrschende Organisation gar nicht mehr an weiteren Fakten interessiert war. Natürlich, in autoritären Staaten wie dem Iran, Kuba oder Nordkorea haben es Forscher traditionell halt ganz schön schwer. Die Wahrheit steht dort bekanntlich nicht allzu hoch im Kurs. Da würde der arme Mangini vermutlich ganz schön leiden – könnte man denken.
Da wundert es schon ein kleines bisschen, wenn man hört, dass Mangini Professor im aufgeklärten Deutschland ist, in Heidelberg eine radiometrisch-klimatische Arbeitsgruppe an der Akademie der Wissenschaften leitet. Aber in Deutschland herrscht doch eigentlich absolute Forschungsfreiheit, das höchste Gut einer freien Wissenschaft? Durch das ständige Hinterfragen unterzieht sich die Forschung hier einer ständigen Qualitäts-Selbstkontrolle. Fruchtbare wissenschaftliche Diskussionen führen damit automatisch zu einer stetigen Verbesserung der Theorien. Selbstverständlich gilt dies auch für alle Wissenschaftszweige in Deutschland – mit einer Ausnahme, nämlich den Klimawissenschaften. Leider wusste Mangini von dieser Ausnahme nichts und zweifelte aufgrund seiner Forschungsresultate in einem FAZ-Artikel von 2007 aus Versehen einen nicht ganz unwichtigen Teilaspekt des Weltklimarat-Berichts an: „Auch früher also hat es abrupten Klimawandel gegeben. Die Paläoklima-Rekonstruktionen des IPCC verharmlosen diese natürliche Klimavariabilität während der letzten zehntausend Jahre.“ Das war natürlich vollkommen unmöglich. Denn Irrtum und Kritik waren im Drehbuch des IPCC gar nicht vorgesehen. Selbstbewusst, und dabei ganz unwissenschaftlich, hatte der Inner Circle des Weltklimarats schon lange für sich beschlossen gehabt: The Science is settled !
Mangini vertraute jedoch darauf, dass sich wissenschaftliche Dispute fachlich durch Argumente aufklären ließen. Er setzte also noch einen drauf und wagte zu erwähnen, dass die von ihm einwandfrei dokumentierten Temperaturzyklen offensichtlich synchron zu Schwankungen der Sonnenaktivität verliefen. In einem Artikel den er 2007 zusammen mit seiner Kollegin Dr. Nicole Vollweiler verfasste, der auf der Webseite der Pressestelle der Universität Heidelberg verfügbar ist, stellen die Autoren fest: „Die Tatsache, dass viele Untersuchungen eine deutliche Korrelation des Klimas mit dem Kohlenstoffisotop 14C (es wird von der Sonnenaktivität beeinflusst) zeigen, deutet auf einen solaren Antrieb des Klimas hin.“ Im FAZ-Artikel folgert Prof. Mangini daraus konsequenterweise: „Es muss jedoch noch unbekannte Verstärkermechanismen geben, denn die Variabilität der Sonneneinstrahlung ist zu gering, als dass sich derart deutliche Effekte im Klima damit allein erklären ließen.“
Die Bedeutung dieser Entdeckung war Mangini sofort klar. Augestattet mit einer gehörigen Portion Common Sense und vertraut mit der wissenschaftlichen Denkweise, konnte dies nur heißen, dass ein nicht zu unterschätzender Teil der Erwärmung der letzten 250 Jahre seit der Kleinen Eiszeit auf das Konto der Sonne gehen musste. Die Sonnenaktivität hatte sich nämlich während der gleichen Zeit aus einer ausgeprägten Inaktivitätsphase allmählich herausgearbeitet und erreichte in den letzten Dekaden Spitzenwerte wie es sie in den vergangenen 10.000 Jahren selten gegeben hat (Solanki et al. 2004). Das Grundmuster des modernen Klimawandels ist lediglich eine Fortsetzung der geologisch gut dokumentierten Sonne-Klimakopplung der Vergangenheit. Dazu kommt noch ein moderater vom CO2 erzeugter Erwärmungsbetrag.
Ausgerüstet mit diesem Wissen, identifizierte Mangini in seinem FAZ-Beitrag auch mühelos einige weitere Fehlschlüsse des IPCC: „Die Behauptung, dass die jetzt stattfindende Erwärmung des Klimas nur mit der Erwärmung vor 120.000 Jahren vergleichbar ist, stimmt einfach nicht. Wir verfügen über Daten, die zeigen, dass es während der letzten zehntausend Jahre Perioden gab, die ähnlich warm oder sogar noch wärmer waren als heute. Ebenso ist es falsch zu behaupten, dass die jetzige Erwärmung sehr viel schneller abläuft als frühere Erwärmungen. Tatsache ist, dass es während der letzten zehntausend Jahre erhebliche globale und vor allem genauso schnelle Klimawechsel gegeben hat […].“
Und Mangini hatte damit absolut Recht. Aber Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei Paar Schuhe. Nur wenige Tage nach Manginis FAZ-Artikel sprang Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in den Ring, um den Übeltäter in seine Schranken zu verweisen. Sein Abwehr-Artikel erschien in der gleichen Zeitung. Bereits mit dem Titel „Die Wahrheit zum Klima“ machte er unmissverständlich klar, wer hier eigentlich die offizielle Deutungshoheit innehat. Er verhöhnt darin Mangini, er würde nur ein „Bauernfängerargument auffahren, das dem Laien auf den ersten Blick plausibel erscheinen mag, einem genaueren Nachdenken aber nicht standhält.“ Wer einen solch forschen und emotional überzogenen Ton anschlägt, muss starke Argumente haben, um sich seiner Sache sicher zu fühlen. Prüfen wir also einmal, wie der Physiker und Ozeanograph Rahmstorf die gut dokumentierten geologischen Fakten zu widerlegen sucht.
Rahmstorf bemängelt zunächst, dass Mangini nur Daten zu einzelnen Orten der Erde vorliegen hat und tut sie als lokale und regionale Besonderheiten ab. Das ist schon ein starkes Stück, denn Mangini hatte mit seinen begrenzten Forschungsmöglichkeiten immerhin Mitteleuropa, den Oman und China abgedeckt und in allen Gebieten eine ähnliche Entwicklung gefunden. Es ist schon sehr seltsam, dass genau die von ihm untersuchten Beispiele sämtlichst nicht-repräsentative Ausnahmen sein sollten. Mittlerweile gibt es von anderen Autoren umfangreiche weitere Ergebnisse aus anderen Teilen der Erde, die Manginis sonnensynchronen Millenniumszyklen bestätigt haben (siehe „Die kalte Sonne“ S. 68-75). Rahmstorfs Vorwurf der fehlenden globalen Abdeckung greift daher nicht. Hoch über Mangini auf der wuchtigen IPCC-Burg thronend ließ er damals Mangini ohne richtige Argumente einfach abprallen: „Mangini mag von der korrekten Eichung und der globalen Bedeutung seiner Daten überzeugt sein – die Mehrzahl der Fachkollegen hat er bislang nicht überzeugen können.“ Vielleicht wollte man sich gar nicht überzeugen lassen, da ansonsten ein Totalumbau des IPCC-Gedankengebäudes notwendig geworden wäre? So ganz sicher war sich Rahmstorf dann doch nicht, wie eine dringende österliche Email-Anfrage bei einem IPCC-Kollegen damals zeigt, die jetzt im Rahmen der Climate Gate Emails an die Öffentlichkeit gelangte. Rahmstorf schrieb dadrin: „My main point will be the local vs hemispheric issue, saying that Mangini only provides local examples, while the IPCC statement is about hemispheric or global averages.“ Und weiter etwas unsicher: „Any suggestions what other counter-arguments I could write?“
In Rahmstorfs FAZ-Artikel folgt dann ein Ablenkungsmanöver, das die allermeisten Leser wohl nicht bemerkt haben. Er führt an, die Sonne wäre im IPCC-Bericht sehr wohl berücksichtigt worden. Damit hat er prinzipiell recht. Allerdings könnte die IPCC-Sonne niemals die von Mangini dokumentierten sonnensynchronen Temperaturzyklen der geologischen Vergangenheit erzeugen. Die Klimawirkung der Sonne wurde vom IPCC viel zu schwach angesetzt. Überraschend dann Rahmstorfs nächster Satz „Die Rolle der Sonnenaktivität ist noch unzureichend verstanden.“ Meint er hiermit die Möglichkeit von Solarverstärkern über die kosmische Strahlung oder die UV-Strahlung (siehe „Die kalte Sonne“ Kapitel 6)? Vermultich nicht, denn sofort macht er wieder einen Rückzieher und versucht die Sonne klimatisch zu marginalisieren. Dabei unterläuft ihm ein folgenschwerer Fehler. Oder wollte er die FAZ-Leser bewusst in die Irre führen? Rahmstorf behauptet: „Doch eines wissen wir aus zahlreichen Messungen: [Die Sonne] hat sich seit 1940 nicht signifikant verändert. Das gilt übrigens auch für die ebenfalls manchmal ins Spiel gebrachte kosmische Strahlung.“ Beides ist komplett falsch. Wie konnte dies niemandem auffallen? Von 1940 bis 1960 gab es einen steilen Aufstieg, der 1970 durch den schwachen 20. Zyklus unterbrochen wurde. In den 1980er und 1990er Jahren erreichten die Sonnenflecken wieder ein sehr hohes Niveau, so dass sich schließlich wohl eine Gleichgewichtstemperatur einstellen konnte, die aufgrund der Kürze des Rekord-Zyklus um 1960 nicht erreicht werden konnte (siehe detaillierte Beschreibung in „Die kalte Sonne“ S. 116-120). Und auch die kosmische Strahlung ist natürlich nicht konstant geblieben, was für ein Unfug (siehe S. 52 in „Die kalte Sonne“).
Abbildung: Sonnenflecken-Entwicklung
Auf seiner offensichtlich falschen Grundlage schließt Rahmstorf dann ungeniert: „Die derzeitige globale Erwärmung (die überwiegend seit 1970 stattgefunden hat, mit seither 0,6 Grad Celsius) kann deshalb [mit der Sonne] nicht erklärt werden. Dies ist einer von vielen Gründen, weshalb der IPCC-Bericht folgert, dass wir zu mindestens neunzig Prozent sicher sind, dass die Klimaerwärmung der letzten fünfzig Jahre überwiegend von uns Menschen verursacht worden ist.“
Daß seine Grundannahmen für seine 90% Sicherheit zu 100% falsch sind, braucht nicht mehr erwähnt zu werden. Weiterhin haben Rahmstorf & Co. in der Sonne-Klima-Rechnung die ozeanischen dekadischen Oszillationen nicht korrekt berücksichtigt. Die abfallende Pazifisch Dekadische Oszillation (PDO) hat von 1940 für einige Dekaden zu einer Temperaturstagnation bzw. leichten Abkühlung geführt, obwohl die Sonnenaktivität 1940-1960 zugenommen hatte (Abb. 25 auf Seite 119 in „Die kalte Sonne“). Dekadische Ozeanzyklen wie die PDO oder AMO überlagern sich der Temperaturkurve. Die sich daraus ergebenden Diskrepanzen zwischen Sonnenaktivität und Temperaturentwicklung hat der Weltklimarat einfach als angebliches Zeichen für die Unwirksamkeit der Sonne fehlgedeutet. Ein folgenschwerer Irrtum, dem Rahmstorf hier ebenfalls zum Opfer fällt.
Aber Argumente schienen in der Anti-Mangini-Kampagne gar nicht zu zählen. Es ging vor allem um die Frage, wer mächtiger und lauter ist. Und das war auf jeden Fall Rahmstorf, der die Wahrheit des per Definition unfehlbaren IPCC vertritt. Die Gesprächskultur kann z.B. in einer Phoenix-Diskussionsrunde von 2008 gut beobachtet werden, an der beide Forscher teilnahmen. Pikant: Noch 2005 waren Rahmstorf und Mangini Co-Autoren in einem gemeinsamen Paper, das die klimatische Wirkung der Sonne in der Erdgeschichte unterstrich.
Schon bald wird deutlich werden, dass Augusto Mangini mit seinen Erklärungen goldrichtig lag. Vielleicht ist er sogar ein zweiter Alfred Wegener der modernen Geologie, ein verkanntes Genie. Während andere Geowissenschaftler fleissig die üppig sprudelnden Klimaforschungsgelder einsammelten, große Institute aufbauten und im Gegenzug dem IPCC Wohlverhalten andienten, ließ sich Mangini von der altmodischen Wahrheitssuche ablenken. Weil Augusto Mangini sich aus wissenschaftlicher Überzeugung und Glaube an die Freiheit der Forschung nicht verbiegen wollte, musste er sich vom Klimaestablishment verhöhnen und beleidigen lassen. Die Reputation des IPCC-Verräters litt sehr und seine Forschungsgelder trockneten in der Folge immer mehr aus. Nach wenigen bewegten Jahren im Rampenlicht zog sich Mangini aus der öffentlichen Klimadiskussion schließlich ganz zurück. Vermutlich zum geistigen und körperlichen Selbstschutz, vielleicht auch auf Bitten der Institutsleitung. Ganz genau weiß man es nicht. Es ist auch schwer in Erfahrung zu bringen, denn er beantwortet zum Thema Klimawandel keinerlei Emails mehr. Und das muss er auch nicht, wenn man bedenkt wie unfair mit ihm umgegangen wurde. Unerklärlich bis heute, dass er damals kaum Hilfe aus der großen geowissenschaftlichen Kollegenschaft erhalten hat. Wahrscheinlich wollte sich niemand in den IPCC-Strudel mit hineinziehen lassen.
Prof. Augusto Mangini hat der deutschen und internationalen Klimawissenschaft wichtige Impulse gegeben. Er ist einer unserer ganz Großen. Ein Pionier des Klimarealismus. Ihm gebührt Dank für seinen Einsatz und den Mut zur Diskussion.
Weitere Ressourcen:
–Webseite von Prof. Manginis Arbeitsgruppe
–Prof. Mangini im Schweizerischen Fernsehen 2008 und 2009
–Prof. Mangini in RTL-Sendung 2008 (bei min 4:50)
—BBC Bericht über Manginis Tropfstein-Forschung
–Powerpoint: Die natürliche Variabilität des Klimas
–Publikation über Klimazyklen der Zentralalpen
Mit Dank an Manfred Schopp für Linkmaterial zu diesem Artikel