Es ist weithin bekannt, dass die Sonnenaktivität im Laufe der Zeit geschwankt hat und dies noch immer tut. Das Sonnenkraftwerk erlaubt sich während gewisser Zeiten eine kleine Pause und fährt seine Energieproduktion herunter. In genau solch einer Phasen scheinen wir uns derzeit und in den kommenden Jahrzehnten zu befinden. Zu anderen Zeiten wiederum fühlte sich die Sonne offenbar so wohl, dass sie kräftig aufdrehte. So zählte die Sonnenaktivität der vergangenen Jahrzehnte zur stärksten der gesamten letzten 10.000 Jahre. Zahlreiche geologische Studien haben zudem gezeigt, dass das Erdklima im Takte der Sonnenaktivität schwankte. Aber was ist eigentlich der Auslöser dieser solaren Aktivitätsschwankungen? Pulsiert der Sonnendynamo von ganz alleine? Oder gibt es einen von außen wirkenden Faktor, der die Sonne quasi fernsteuert?
Auf Letzteres scheinen neue Forschungsergebnisse eines internationalen Forscherteams um Jose Abreu von der ETH Zürich hinzuweisen. In einer Studie, die Ende Oktober 2012 im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics erschien, konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Gezeitenkräfte der Planeten offenbar den Sonnendynamo beeinflussen. Hierzu erstellten die Forscher ein physikalisches Modell, in dem nachvollzogen werden konnte, inwieweit die Anziehungskräfte der Planeten auf die rotierenden Sonnenschichten wirken. So wie der Mond in Form der Gezeiten auf die Erde Einfluß nimmt, haben die Planeten offenbar auch einen Einfluß auf die Sonnenaktivität. Mal verlangsamen sie die Bewegung des Dynamos, mal beschleunigen sie ihn. Das wechselnde „Drehmoment“ konnte in den bisherigen Modellen nicht richtig erfasst werden, stellte sich in den aktuellen Modellierungen von Jose Abreu und Kollegen jedoch als entscheidend heraus.
Dabei ergaben sich bei der Auswertung der Planetenkräfte ähnliche zeitliche Wiederholungsmuster wie bei der anhand von Isotopen rekonstruierten Sonnenaktivität. Sowohl der 88-Jahres-Gleissberg-Zyklus wie auch der 208-Jahres-de Vries Zyklus traten in beiden Systemen auf, so dass ein physikalischer Zusammenhang zwischen den Planetenbewegungen und der Sonnenaktivität wahrscheinlich erscheint.
Eine detailliertere Darstellung der neuen Ergebnisse gibt es von David Archibald auf WUWT.
Bereits in unserem Buch „Die kalte Sonne“ hat Nicola Scafetta in einem Gastbeitrag auf den möglichen Einfluss der planetarischen Gezeitenkräfte auf die Sonnenaktivität und das Erdklima hingewiesen. Der neue Fachaufsatz von Jose Abreu und Kollegen zeigt, dass in diesem Bereich noch sehr viel Forschungsarbeit notwendig ist, um das genaue Zusammenspiel zwischen den Planeten, der Sonne und dem Erdklima zu verstehen.
Dabei ist die Idee, dass die Planeten die Sonnenaktivität beeinflussen überhaupt nicht neu. Bereits 1872 haben sich die damaligen Experten darüber Gedanken gemacht, darunter auch der Leiter des Kew Observatory, Balfour Stewart. Den entsprechenden Artikel kann man im Blog von Tallbloke einsehen.
Siehe auch unser Blogbeitrag "Wer zieht denn da? Der mögliche Einfluss von planetarischen Gezeiteneffekten auf die Sonne und das Erdklima"
Jupiter-Abbildung oben rechts: NASA, Public Domain
Das besprochen Paper ist in einem Open Access Journal erschienen und kann daher kostenlos hier heruntergeladen werden.