Wenn man in den letzten Wochen und Monaten Zeitung gelesen hat, musste man schon fast den Eindruck gewinnen, die letzte Stunde des arktischen Meereises hätte geschlagen. Allerorten wurde der neuer Eisschrumpf-Rekord lauthals bejubelt. Das arme Eis, die armen Eisbären. Nun ja, der letzte Rekord ist jetzt fünf Jahre her und einen richtig großen Sprung hat das Eis in der Zeit nicht gerade gemacht. Das wird besonders Wieslaw Maslowski von der Naval Postgraduate School im kalifornischen Monterey geärgert haben, der 2007 anlässlich der letzten arktischen Rekord-Meereisschmelze die Prognose gewagt hatte, dass bis 2013 der gesamte arktische Ozean eisfrei wäre. Diese Vorhersage ging wohl ganz klar in die Hose, soviel kann man heute schon sagen. Was sich der Mann wohl dabei gedacht hatte? Gab es hierfür vielleicht zusätzliche Forschungsgelder? Oder wollte der IPCC-nahe Wissenschaftler vielleicht einfach berühmt werden?
Man möchte vermuten, dass der Fehlschlag für Maslowski eine Lehre gewesen sein würde. Umso mehr wunderte man sich, als der gleiche Wissenschaftler dann im Jahr 2011 erneut an die Öffentlichkeit trat und der Öffentlichkeit eine „verbesserte“ Prognose anbot. Man würde nun Klimamodelle verwenden, die denjenigen des IPCC sehr ähnlich wären. Und nach langem Rechnen habe man nun herausbekommen, dass die Arktis im Jahre 2016 eisfrei sein würde, plusminus 3 Jahre. Tja, da müsste ja in den kommenden Jahren eine gigantische arktische Schmelze einsetzen. Wir wollen der Natur nicht vorgreifen, aber auch diese Prognose hat offensichtlich gute Chancen, schon bald in die Kategorie der amüsanten Wissenschaftsirrtümer aufgenommen zu werden. Dazu muss man wissen, dass der neue Schmelzrekord 2012 etwa 16% unter der bisherigen Rekordmarke von 2007 liegt. Ein lawinenartiges Schmelzkatastrophe sieht wohl anders aus. Zudem kommt das langsame, allmähliche Abschmelzen des arktischen Meereises alles andere als überraschend. Man erinnere sich: Wir befinden uns derzeit in einer Wärmeperiode mit einem Temperaturplateau, das nunmehr seit 14 Jahren anhält. Getreu dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ nagt dieses Temperaturplateau nun stetig an unserem Nordpoleis. Wo ist das Problem? Als den Wikingern das Gleiche vor 1000 Jahren passiert ist, freuten sie sich und machten ihre Schiffe zur arktischen Entdeckungsfahrt klar.
Unklar ist, ob vielleicht die Firma Shell den lauwaren Vorhersagen von Wieslaw Maslowski vertraut hat. Vor kurzem (Mitte September 2012) musste die Firma nämlich nördlich von Alaska eine Ölbohrung in der Chukchi See unterbrechen, da sich eine 50 mal 12 Kilometer große Meereisfläche auf die Bohrstelle zubewegte. Auch dies kommt nicht überraschend, das kommt in der Arktis auch mal vor. Und da man auf so etwas vorbereitet ist, wich das Bohrschiff der Eisscholle nun einfach für ein paar Tage aus und wird danach wieder an seinen Einsatzort zurückkehren können.
Update: Mit Dank an Stefan Rahmstorf für den Hinweis auf aktuelle Zahlen zur arktischen Meereisschmelze. Die in der ursprünglichen Version genannten Zahlen bezogen sich auf die Wochen vor dem Minimum, das erst um den 10. September 2012 erreicht wurde.