Um Antwort wird gebeten: Weshalb schneidet AWI-Pressemitteilung das Mittelalter weg?

Von: Sebastian Lüning
An: Antje Boetius, Direktorin AWI

Datum: 17.6.2018

Liebe Frau Boetius,

Am 21. Mai 2018 brachte das AWI die Pressemitteilung “Die Donau friert seit rund 70 Jahren kaum noch zu”.
https://www.awi.de/nc/ueber-uns/service/presse-detailansicht/presse/die-donau-friert-seit-rund-70-jahren-kaum-noch-zu.html

Darin wird über interessante Trends zum Donau-Eis der letzten 150 Jahre berichtet. Insgesamt wird dies als Beleg der aktuellen globalen Erwärmung dargestellt, was sicher richtig ist. Allerdings fällt mit keiner Silbe der Begriff “Kleine Eiszeit”, in die das Startjahr 1837 der historisch durchgängigen Beobachtungsreihe fällt. Der Rückgang des Eises kommt daher nicht ganz unerwartet. Wie Sie wissen, stellt die Kleine Eiszeit die kälteste Phase der letzten 10.000 Jahre dar, ist also eine kalte Sonderphase. Insofern werden den Redakteuren und Medienkonsumenten durch diese Auslassung in der AWI-PM wichtige Kontextinformation vorenthalten.

Weiterhin ist es mir unerklärlich, weshalb der zweite Teil der ausgezeichneten Arbeit von Ionita et al 2018 in Scientific Reports ebenfalls verschwiegen wird:
https://www.nature.com/articles/s41598-018-26357-w

In der Studie werden die letzten 150 Jahre explizit in einen Millenniumskontext gestellt. Das Donau-Eis war während der Mittelalterlichen Wärmeperiode (MWP) offenbar ähnlich selten wie heute. Im Supplement des Papers gibt es in Abbildung S2 sogar eine sehr schöne Abbildung dazu. Die Autoren des Papers schreiben weiterhin, dass das Eis während der solaren Schwächephasen Maunder und Dalton in der Kleinen Eiszeit besonders stark zunahm. In der Pressemitteilung gibt es kein Wort dazu.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier unbequeme Fakten einfach weggeschnitten werden, also Rosinenpickerei betrieben wird. Letztendlich führt dies zu einer Dramatisierung, die sich den Vorwurf des Klimaalarmismus gefallen lassen muss. Ich würde mich freuen, wenn Sie einmal mit dem zuständigen Pressereferenten sprechen könnten. Auf der Seite der Pressemitteilung ist Sebastian Grote angegeben; ich weiß nicht, ob er für die PM verantwortlich zeichnet. Angesichts der starken Politisierung der Klimawissenschaften wäre es umso wichtiger, dass eine saubere und unverfälschte Weitergabe der Ergebnisse an die Presse erfolgt. Ich selber setze mich sehr dafür ein und hoffe, dass auch das AWI hieran ein großes Interesse hat.

Mit kollegialen Grüßen,

Sebastian Lüning

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Die Anfrage blieb unbeantwortet.