Zur Wissenschaft gehört es, sich unvoreingenommen erst einmal Entwicklungen anzuschauen, bevor man dann in einem zweiten Schritt überlegt, ob es sich bei bestimmten Mustern um Zufälle oder eine bisher nicht vollständig verstandene Systematik handelt. Dabei darf der erste Schritte gerne spielerisch ausfallen, denn wer nicht ausprobiert, kann auch nichts finden. Die Welt der Klimawissenschaften mit ihrer großen Datenfülle und die Börsenwelt haben da sicher einiges gemeinsam. Robert Rethfeld gibt den Börsenbrief „Der Wellenreiter“ heraus. In der Frühausgabe vom 11. Juli 2018 hat er dabei eine interessante Einleitung gewählt, wobei er einfach mal die El-Nino Tätigkeit (ausgedrückt als ONI-Index) und den Rohölpreis zusammen aufgetragen hat:
Abbildung 1: Entwicklung von El Nino / La Nina und Rohölpreis seit 2005. Quelle: www.wellenreiter-invest.de.
Die blaue Kurve zeigt El Nino (nach unten) und La Nina (nach oben), die orangene Kurve stellt den Rohölpreis dar. Die Graphik deutet an, dass der Rohölpreis während El-Nino-Phasen zurückgeht. Der Wellenreiter schreibt:
Die Stärke des Wetterphänomens El Nino und der Ölpreis korrelieren positiv miteinander. Heizt sich der pazifische Ozean stärker auf als normal (El Nino), hat dies überwiegend einen warmen US-Winter zur Folge. Ein warmer US-Winter lässt die Nachfrage nach Erdöl sinken, der Preis fällt. El Nino und sein Gegenpart La Nina sind weitgehend vorhersehbare Phänomene. Die US-Wetterbehörde NOAA zeigt für das Jahr 2018 eine Entwicklung von La Nina zu El Nino (siehe Pfeil folgender Chart). Die Wassertemperatur des Pazifiks steigt und bringt den USA aller Voraussicht nach einen warmen Winter 2018/19. Die Erdölnachfrage müsste dadurch negativ beeinflusst werden, der Preis müsste fallen. Aktuell sehen wir eine Verzögerung. Der Ölpreis stieg in den vergangenen Monaten, obwohl der dargestellte Oceanic-Nino-Index (ONI) sich bereits seit Anfang 2018 in Richtung Süden bewegt. Wir nehmen an, dass der Ölpreis letztendlich dieser Bewegung folgen und fallen wird.
Die positive Korrelation ist in der Tat beachtlich, und auch die Erklärung macht natürlich irgendwie Sinn. Trotzdem bleibt es spekulativ, weil der Ölpreis letztendlich natürlich von einer Vielzahl von Faktoren abhängt. Die Prognose des El Nino ist übrigens etwas schwieriger als suggeriert. Ob jetzt wirklich ein neuer El Nino ins Haus steht? Die NOAA sieht momentan neutrale ENSO-Bedingungen, hält aber einen El Nino im kommenden Nordhemisphären-Winter mit 70% Wahrscheinlichkeit für möglich. Prognose vom 30. Juli 2018 als pdf hier. Oder anders ausgedrückt: Könnte sein, aber nicht ganz sicher. Warten wir es ab. Siehe auch den Artikel Strong El Niño helps reduce U.S. winter heating demand and fuel prices der US Energy Information Administration von 2016.
Der Wellenreiter greift zudem einen anderen Zusammenhang auf, nämlich die CO2-Änderungsrate und ENSO (El Nino – Southern Oscillation):
Abb. 2: CO2-Wachstumsrate und El Nino / La Nina. Quelle: www.wellenreiter-invest.de
Der Wellenreiter schreibt dazu:
Der El Nino/La Nina-Zyklus (ONI) läuft der Entwicklung der CO2-Wachstumsrate voraus. Dies ist auf dem obigen Chart gut zu erkennen (siehe auch die Pfeilmarkierungen). Die Wachstumsrate des CO2-Ausstoßes folgt dem El Nino/La Nina-Zyklus und damit der Temperaturentwicklung. Das bedeutet nicht, dass der Mensch keinen Einfluss auf die CO2-Entwicklung hat. Aber die Feinsteuerung erfolgt durch den El Nino/La Nina-Zyklus.