Von Uli Weber
Seit der Christianisierung Mitteleuropas hat die Religion das Denken der Menschen als Angstglauben beherrscht und damit deren Handeln zwangsgesteuert, Zitat aus Wikipedia:
„Religion kann Wertvorstellungen normativ beeinflussen, menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen, und in diesem Zusammenhang eine Reihe von ökonomischen, politischen und psychologischen Funktionen erfüllen. Diese umfassenden Eigenschaften von Religion bergen in sich das Risiko der Bildung religiöser Ideologien.“
Im ausgehenden Mittelalter begann sich der Mensch dann Kraft seiner Intelligenz und Logik langsam von dieser religiösen Ideologie zu emanzipieren, Zitat aus Wikipedia:
„Mit Logik … oder auch Folgerichtigkeit wird im Allgemeinen das vernünftige Schlussfolgern und im Besonderen dessen Lehre – die Schlussfolgerungslehre oder auch Denklehre – bezeichnet. In der Logik wird die Struktur von Argumenten im Hinblick auf ihre Gültigkeit untersucht, unabhängig vom Inhalt der Aussagen.“
Diese Emanzipation mündete in das Zeitalter der Aufklärung, Zitat aus Wikipedia:
„Als wichtige Kennzeichen der Aufklärung gelten die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, mit der man sich von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen und Ideologien „auch gegen den Widerstand von Tradition und Gewohnheitsrecht“ befreien will … Gesellschaftspolitisch zielte die Aufklärung auf mehr persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation), Bildung, Bürgerrechte, allgemeine Menschenrechte und das Gemeinwohl als Staatspflicht.“
Mit der Aufklärung befreite sich die Wissenschaft schließlich vom Korsett des Aberglaubens und schuf eine eigene Weltsicht, Zitat aus Wikipedia:
„Die Wissenschaft ist ein System der Erkenntnisse über die wesentlichen Eigenschaften, kausalen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens, das in Form von Begriffen, Kategorien, Maßbestimmungen, Gesetzen, Theorien und Hypothesen fixiert wird.“
Die Erkenntnisse der Wissenschaft führten dann schließlich zur Industrialisierung, Zitat aus Wikipedia:
„Industrialisierung bezeichnet technisch-wirtschaftliche Prozesse des Übergangs von agrarischen zu industriellen Produktionsweisen, in denen sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen durchsetzt. Das Gegenteil ist die Deindustrialisierung.“
Dieser Weg wird auch durch die individuelle wirtschaftliche Entwicklung nachgezeichnet. Im Zeitalter von Ackerbau und Viehzucht betrug die durchschnittlich verfügbare pro-Kopf Energiemenge etwa das 18 bis 24-fache des menschlichen Grundbedarfs. Und in unserem heutigen Industriezeitalter beträgt diese verfügbare pro-Kopf Energiemenge etwa das 70 bis 80-fache dieses Grundbedarfs. Jeder Einzelne von uns verfügt also etwa über das 3 bis 4-fache derjenigen Ressourcen, die einem vorindustriellen Menschen im Mittelalter zur Verfügung gestanden hatten. Und diese wirtschaftlichen Ressourcen manifestieren sich in unserem technischen Lebensstandard, in der Verfügbarkeit und Qualität von Lebensmitteln, in Information und Kommunikation, Transportwesen und Logistik, unserem Gesundheitswesen und damit auch in unserer individuellen Lebenserwartung.
Wir müssen uns das hier wirklich noch einmal ganz klar vor Augen führen:
Es geht bei der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards ganz allein um die individuell verfügbare Energiemenge. Nahrung ist Energie und fossile Treibstoffe sind auch Energie – und beides steht uns heute fast unbegrenzt zur Verfügung, jedem Einzelnen von uns jeden Tag. Die Beschränkung des mittelalterlichen Menschen auf jahreszeitlich verfügbare Nahrung, Brennholz und ein wenig Wind- und Wasserkraft wird auch zutreffend als Mangelwirtschaft beschrieben. Und bereits diese ökologisch-vorindustrielle Gesellschaft hatte ihre Zukunftsängste um die begrenzt verfügbaren Ressourcen, Zitat aus Wikipedia:
„Ängste vor einer Holznot markieren zeitgleich mit dem „Naturkult“ der Waldromantik zu Zeiten der Aufklärung den Beginn der modernen Umweltbewegung. Die Holznot im 18. Jahrhundert ist ebenso im Umfeld volksaufklärerischer und moralisierender Bemühungen zu sehen. Dabei wurden zum Beispiel Ideenwettbewerbe veranstaltet, bei denen Akademien und gelehrte Gesellschaften die Holznot auch im Themenspektrum Philosophie, Theologie und Ästhetik bis hin zu ökonomischen und staatstheoretischen Fragen besprachen.“
Menschlicher Erfindungsgeist hatte zu allen Zeiten der Endlichkeit unserer natürlichen Ressourcen abgeholfen. Auf die Holznot im 18. Jahrhundert folgte die technische Nutzung der Kohle – und später dann der Gebrauch von Erdöl und Kernenergie. Im Unterschied zum ausgehenden Mittelalter basiert unser heutiger Lebensstandard also allein auf der technisch-industriellen Nutzung frei verfügbarer Energieträger sowie fossiler Derivate und der industrialisierten Landwirtschaft.
Wir könnten also eigentlich ganz zufrieden mit diesem komfortablen Leben in unserem hochindustrialisierten Paradies sein – aber wir sind es leider nicht.
Unsere Wohlstandsgesellschaft hat vielmehr ein sehr schlechtes Gewissen, weil es uns so gut geht. Und wir möchten das gerne ändern – also das schlechte Gewissen – natürlich bei gleichbleibendem Lebensstandard. Hierbei helfen uns diverse Ideologien, indem sie uns eine Vielzahl von Glaubenssätzen liefern, um kohlenstoff-basierte Technologien zu diffamieren. Die Generation Golf, die heute ihre Kinder mit dem SUV zu Schule fährt, ignoriert beispielsweise das Ergebnis von 5 Jahrzehnten Umweltschutz und skandalisiert verbliebene Restbelastungen, die oft überhaupt nur durch moderne Analyseverfahren nachweisbar sind, unter dem Mäntelchen einer moralischen Vorsorgereligion in ihr Gegenteil.
Und weil wir unser selbständiges Denken in die Clouds von Mietmäulern und Erziehungsmedien ausgelagert haben, glauben wir auch sonst wirklich alles, was man uns skandalisierend vorträgt:
- Glyphosat schädigt angeblich Insekten und Vögel und gehört verboten: Aber Mais-Monokulturen für Biogasanlagen und windbetriebene ökologische EEG-Gebetsmühlen sind offenbar gut für Natur und Artenvielfalt und schädigen keinesfalls unsere Mitmenschen, Insekten, Vögel und Fledermäuse – mal ganz abgesehen vom Landschaftsverbrauch…
- Das eigentliche Problem der deutschen Energiewende ist angeblich, dass die Kohlekraftwerke einfach nicht abgeschaltet werden: Aber ohne diese Kohlekraftwerke gäbe es in Deutschland zwangsläufig die ständige Gefahr von massiven Blackouts. Dagegen haben wir im europäischen Stromverbund mit unserem planwirtschaftlichen Zufallsstrom bereits die relativ sauberen Gaskraftwerke in den Ruin getrieben und die umweltfreundlichen Wasserkraftwerke wirtschaftlich schwer geschädigt.
- Viele Flüchtlinge, die in unser Land strömen, sind angeblich bereits Klimaflüchtlinge: Dagegen haben die menschenverachtende Umwandlung von Nahrungsmitteln in „klimaschonende“ Ökotreibstoffe und das damit verbundene „Land-Grabbing“ in der Dritten Welt mit möglichen Fluchtursachen offenbar überhaupt nichts zu tun – die Ursache ist vielmehr allein der vorgeblich menschengemachte Klimawandel…
Die Wissenschaft vom menschengemachten Klimawandel basiert auf dem weit verbreiteten Aberglauben an die menschliche Erbsünde vom verlorenen Paradies und weist erstaunliche Parallelen zur Holznot des 18. Jahrhunderts auf.
Schon das 97-Prozent Argument macht jedem aufgeklärten Menschen klar, dass es sich hierbei um eine quasireligiöse Ideologie handeln muss. Das postulierte „Ende der wissenschaftlichen Diskussion“ reicht dann historisch noch einen Schritt weiter in den Absolutismus zurück und gesteht den Adepten einer mittelalterlichen Glaubensmanifestation die Entscheidung über eine vorgeblich absolute Wahrheit zu. Mit einer solchen Argumentation hätte sich dieselbe Wissenschaft aber gar nicht erst entwickeln können, weil eine solche Haltung zu einem früheren Zeitpunkt jede Weiterentwicklung von vorn herein ausgeschlossen hätte.
Schließlich wird auch noch verbreitet, diese „wissenschaftliche Wahrheit“ über den Klimawandel sei viel zu komplex, als dass sie ein Einzelner überhaupt verstehen könne. Den gleichen Unsinn haben sicherlich auch katholische Priester über die lateinische Bibel verbreitet, bevor Luther sie dann schließlich ins Deutsche übersetzt hat …
Am Ende werden klimawissenschaftlich aufgepeppte Diffamierungen unserer industriellen Kultur wiederum von ökologischen Glaubensgemeinschaften benutzt, um uns den Weg zurück in ein neues Glaubensparadies schmackhaft zu machen. In diesem Paradies einer malthusianischen Nachhaltigkeit wird eine reduzierte Weltbevölkerung am Ende ihre Nahrung wieder vollökologisch im Schweiße ihres Angesichtes erzeugen und ihren dringendsten Energiebedarf nur noch sporadisch durch Sonnenenergie und Wind zu decken vermögen. Wir folgen also schließlich dem medialen Trommelfeuer einer ideologischen Endzeitreligion kritiklos in eine mittelalterliche Reconquista:
Gott = Die gütige Mutter Gaia
Höllenfeuer = Der menschengemachte CO2-Treibhauseffekt
Religiöse Gebote = Das 2-Grad Ziel und die CO2-Vermeidung
Ablasszahlung = Die ökonomischen und ökologischen Kosten durch unwirksame planwirtschaftliche Subventionen und destruktive Maßnahmen wie den Ausstieg aus fossilen Energien (= Deindustrialisierung) und die Zerstörung der industriellen Landwirtschaft (= Ökologisierung)
Heilsversprechen = Das globale dekarbonisierte Paradies bis zum Jahre 2100
In allen Lebensbereichen treten heute selbsternannte Priester als die neuen Heilsbringer der Menschheit auf und verbergen die Realität ihrer technologiefeindlichen Ideologien hinter fraktierten Fakten. Und die unkritische schweigende Mehrheit lässt sich das ohne jeden individuellen Rest von logischem Verstand und historischem Bewusstsein gefallen.
Inzwischen befinden wir uns also schon längst wieder inmitten eines neureligiösen Angstglaubens, diesmal um eine vorgeblich durch den industriellen CO2-Ausstoß des Menschen verursachte Klimakatastrophe zu vermeiden. Und in vorauseilendem religiösem Gehorsam wird von der Menschheit verlangt, den Gebrauch der verfügbaren fossilen Ressourcen freiwillig einzustellen. Der Mensch wird sich am Ende dieser globalen Dekarbonisierung also in den Reservationen eines deindustrialisierten Ökoparadieses wiederfinden und diesen Planeten einer heiliggesprochenen Natur überlassen.
Unsere Wohlstandsgesellschaft hat offenbar vergessen was es heißt, wirklich arm zu sein und im Überlebenskampf den Status-Quo täglich neu aushandeln zu müssen; wir sehen unseren Lebensstandard vielmehr als gottgegeben an. Wenn wir also heute, aus einem infantilisierten Weltblick heraus, fortlaufend unsere demokratische Kultur, unsere wertschöpfende Industrie und unsere effektive Landwirtschaft denunzieren und Stück für Stück der Zerstörung durch selbsternannte Moralapostel preisgeben, dann reduzieren wir damit auch sehr nachhaltig den künftigen Lebensstandard nachfolgender Generationen.
Denn die Mittel für eine funktionierende öffentliche Verwaltung, öffentliche Infrastruktur, Bildung, Gesundheits- und Sozialleistungen, Umweltschutz und Entwicklungshilfe sind eben nicht gottgegeben, sondern müssen als gemeinschaftlicher Mehrwert über das individuell Überlebensnotwendige hinaus permanent neu erwirtschaftet werden. Und aus dieser fossil betriebenen Wirtschaft müssen außerdem die weiterhin steigenden Subventionen für alternative Heilstechnologien aufgebracht werden, die aus sich selbst heraus gar keine Wertschöpfung erzielen können. Kurz gesagt, in der Sahelzone werden Sie weder öffentliche Bücherhallen noch Genderaktivisten oder gar aktiven Umweltschutz finden, das alles sind reine Luxusphänomene; substantielle Transferleistungen in soziale, gesellschaftliche oder ökologische Projekte können sich nämlich nur fossil-basierte Industrienationen leisten.
Die Phase der Aufklärung zu eigenverantwortlichen Menschen in hochindustrialisierten Demokratien war offenbar nur eine sehr kurze Episode in der kulturellen Evolution. Nach dem Erreichen des „Point-of-no-Return“ für eine endgültige Zerstörung unseres fossil betriebenen technischen Paradieses werden wir also alle im gleichen dekarbonisierten Boot sitzen. Und für eine desinteressierte schweigende Mehrheit von Mitläufern gilt dann nicht etwa die historische Standardausrede, von alledem nichts gewusst haben zu wollen, sondern der harsche vorindustrielle Spruch „mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen“. Denn die zum selbständigen Denken erforderlichem Qualifikationen und Kenntnisse werden allen Menschen in unserem Lande per gesetzlicher Schulpflicht kostenfrei zwangsvermittelt…
Aber vielleicht handelt es sich bei dieser Endzeitpsychose einer globalen Dekarbonisierung ja auch um eine untätigkeitsbedingte Übersprunghandlung. Medizinische Erkenntnisse legen beispielsweise nahe, dass die steigende Zahl von Allergikern mit den modernen hygienischen Lebensumständen einher geht. Kurz gesagt, je dreckiger die Umwelt ist, umso mehr hat unsere körpereigene Abwehr zweckbestimmt zu leisten – wenn sie allerdings nicht genug zu tun hat, kommt sie offenbar auf selbstzerstörerische Gedanken. Diese Erkenntnis könnte man im übertragenen Sinne ja auch auf unsere Endzeitpsychose einer von der menschengemachten Klimakatastrophe anwenden: Je weniger unser Überlebenswille in einer hochindustrialisierten Wohlstandsgesellschaft gefordert ist, umso eher kommt er auf selbstzerstörerische Gedanken…
Sei es wie es sei – das traurige Fazit lautet jedenfalls: Offenbar haben die Klimawissenschaften heimlich vom verbotenen Baum der religiösen Erkenntnis genascht. Der durch den Klimavertrag von Paris politisch vorgezeichnete Weg in eine globale Dekarbonisierung wird die Menschheit aus diesem fossil betriebenen Paradies vertreiben und in eine ungewisse vorindustrielle Zukunft führen.
Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies. Michelangelo [Public domain], via Wikimedia Commons