Die Sonne im Juli 2017. CO2-Klimasensitivität sackt in neuer Arbeit dramatisch ab

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Unser Energie-und Lebensspender im Zentrum des Planetensystems war (wie sollte es anders sein?) auch im vergangenem Monat deutlich unternormal aktiv. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) betrug 18,3. Dies sind nur 36% des zu diesem Zykluszeitpunkt Üblichen (SSN=51) als Mittelwert aller 23 bisher komplett beendeten Zyklen. An 11 Tagen des Juli war die Sonne gänzlich fleckenfrei. Bemerkenswert: während in den vergangenen Monaten stets die Nordhemisphäre der Sonne aktiver war (im Juni waren ausschließlich Flecken dort), so war im letzten Monat die Südhemisphäre der aktivere Part. 60% der raren Flecken traten dort auf. Insgesamt ergibt sich dieses Bild für den aktuellen Zyklus Nr. 24:

Abb.1: Der aktuelle SC (SolarCycle) 24 (rot) im Vergleich zu einem mittleren Zyklus (blau) und dem oft vergleichbaren SC5 (schwarz).

 

Der Vergleich der  Zyklen untereinander:

Abb.2: Der Vergleich der Fleckenaktivität der bisher systematisch beobachteten Zyklen seit 1755.

 

Die Werte in Abb. 2 entstehen durch die Aufsummierung  der monatlichen Differenzen der einzelnen Zyklen zum Mittelwert, blau in Abb. 1. Die Aussichten für das, was an solarer Aktivität nach dem aktuellen Zyklus kommt, sind nach wie vor ein wenig unbestimmt. Der Fehler in den Daten der polaren Felder, der seit Mai 2017 bekannt ist, wurde noch nicht korrigiert. Daher ist es momentan nicht möglich, einigermaßen verlässliche Prognosen über die genauere Stärke  des kommenden Zyklus anzustellen. Eines jedoch ist sicher: der Zyklus wird  wiederum unternormal stark werden. Das Feldexperiment mit einer länger inaktiven Sonne wird weiter gehen.

 

Realismus vs. Katastrophe: 2:0

Eine hochinteressante Arbeit erschien am Monatsende des Juli 2017. Die beiden Autoren unter Führung von Thomas Mauritsen vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie unternahmen einen spannenden Ausflug in das Klima der Zukunft. Sie stellten sich die Frage: Wie viel Wärme ist schon in der „Pipeline“, also was wäre, wenn der Antrieb durch Treibhausgase auf dem heutigen Stand eingefroren würde und wir ins Jahr 2100 schauen? Ein (wirklich sehr) aufmerksamer Leser wird sich vielleicht erinnern, dass auch wir diesen Fall schon einmal betrachtet haben, und zwar im Oktober 2015, kurz vor der Pariser Klimakonferenz.

Das erste, was man für ein solches Experiment wissen muss, ist: wie empfindlich reagiert  unser Klima auf die Verdopplung  von CO2? In der Arbeit von Mauritsen & Pincus benutzen die Autoren löblicherweise nicht Modelle, sondern stützen sich auf Beobachtungen wie es jeder empirische Wissenschaftler bevorzugt tun würde. Sie ermitteln die „TCR“ (Transient Climate Response), das ist die Erwärmung durch Kohlendioxidverdopplung im Verlaufe der stetigen Erhöhung des Anteils dieses Treibhausgases in unserer Atmosphäre. Sie ist vornehmlich für das Temperaturniveau in dekadischen Zeiträumen (also bis mindestens 2100) verantwortlich. Sie fassen dies im Bild 1 der Arbeit zusammen, es sei hier mit der Bildunterschrift wiedergegeben:

Abb.3: Die wahrscheinlichsten Werte für TCR und ECS (Erklärungen: vgl. original Bildunterschrift): 1,32 °C; 1,79°C  aus Beobachtungen. Quelle: Fig.1 aus Mauritsen/Pincus (2017).

 

Diese Werte sind sehr nahe an denen, die auch in dieser Arbeit gefunden wurden: TCR= 1,35; ECS=1,64. Benutzt man Beobachtungen sehen die Ergebnisse für die Empfindlichkeit unseres Klimas gegenüber CO2- Erhöhungen alle sehr ähnlich aus, sie liegen deutlich unter denen des  Modell-Mittelwerts. In unserem Ansatz erhielten wir für TCR einen noch leicht geringeren Wert: 1,25°C. Warum erklären wir Ihnen später.

Im weiteren Verlauf ermitteln die Autoren von Mauritsen et.al (2017) den Anteil der Wärme, die bereits in den oberen Meeresschichten „gebunkert“ ist und selbst nach dem Reduzieren des CO2- Zuwachses auf Null zum Tragen kommt: es sind vom heutigen Temperaturniveau aus gesehen etwa 0,25°C, berücksichtigt man alle zur Zeit bekannten Umstände. Wir hatten in 2015 ca. 0,15°C dafür veranschlagt:

„Eine Steigerung um 2 Grad in 2100 zum vorindustriellen Niveau könnte ca. 0,15 °C enthalten, die eine bereits erfolgte Erwärmung der Meere nach sich zog („Wärme in der Pipeline“)“

In groben Zügen lagen wir nur sehr wenig neben den aktuellen Erkenntnissen von Mauritsen und Pincus. Wer den realen Wert besser getroffen hat, ist übrigens offen, denn wir möchten Sie auf den Beitrag des Vormonats verweisen.   Wir berichteten über die neuesten Ergebnisse  zum Antrieb durch „Aerosol-Cloud- Interactions“, den es offenbar nur in der Modellwelt gibt, nicht jedoch im realen Klimasystem. Diese Erkenntnisse waren Mauritsen/Pincus bei  Einreichung ihrer Arbeit offenbar noch nicht bekannt, obwohl der Verfasser des begleitenden Kommentars in „Nature“ , Björn Stevens, der Chef von Thomas Mauritsen ist.

Stevens machte sich schon in 2015 Gedanken zum Antrieb durch Aerosole und kam implizit zu dem Schluss: vermutlich wirken  Aerosole nur halb so viel dämpfend  auf die globalen Temperaturen als  in den vom IPCC dokumentierten Modellen  angenommen. Diese Erörterungen  berücksichtigten wir damals bereits in unserer TCR- Abschätzung, daher der noch etwas geringere Wert für die CO2- Empfindlichkeit als Mauritsen/Pincus ermitteln. Die physikalische Ursache dafür stellte sich erst in diesem Jahr heraus: es gibt den „Aerosol-Cloud-Effekt“ schlicht nicht im richtigen Leben, denn wie treffend hatte es Stevens ausgedrückt:  „Clouds are unfazed by haze“. Wir berichteten darüber im letzten Monat und ein englisch-sprachiger Beitrag darüber mit viel Resonanz erschien auch auf dem Blog von Judith Curry.

Welchen Beitrag der nur in Modellen vorkommende Effekt zum gesamten Antrieb durch  Aerosole in der Modellwelt liefert, erklärt diese Arbeit in ihrer Abbildung 3. Sie unterlegt, dass bei den historischen Simulationen der (negative) Antrieb durch den Effekt ca.  -0,4W/m² im Modell-Mittel beträgt, wohlgemerkt in der Modellwelt, nicht in der Realität. Dies sind in der Tat recht genau 50% des gesamten Aerosol- Antriebes. Das hat auch gewisse Auswirkungen auf das Ergebnis der Studie von Mauritsen/Pincus:

Abb.4: Die Temperaturentwicklung bis 2100 bei konstantem GHG- Antrieb auf dem Niveau von 2017 unter Berücksichtigung von verschiedenen Einflüssen, Fall e) (gelb) berücksichtigt alle. Quelle: Fig. 2 aus  Mauritsen et.al (2017).

 

Die großen Streubalken nach oben entstehen vor allem durch Unsicherheiten im Aerosol- Antrieb, die inzwischen nach unten korrigiert sind. Weniger (negativer) Aerosol- Antrieb bedeutet auch geringere Werte in Abb.4 und die Wahrscheinlichkeit für niedrigere ist mit den neuen Erkenntnissen gewachsen. Unsere Betrachtung aus dem Jahre 2015 könnten also der Realität sehr nahe kommen, dies zeigen die letzten aufschlussreichen wissenschaftlich begutachteten Arbeiten vor allem aus dem Hause des Meteorologischen Max Planck-Instituts in Hamburg. Wir hatten auch abgeschätzt, wie hoch die Konzentration an CO2 in der Atmosphäre anwachsen kann um das 2°C- Ziel nicht zu reißen: es sind um die 600ppm.

Geht man von aktuell 407 ppm CO2 aus und einem augenblicklichen Wachstum von 2,11 ppm im Mittel pro Jahr, wären die 600 ppm im Jahre  2108 erreicht. Natürlich wäre es notwendig, bis  Ende dieses Jahrhunderts die globalen CO2 –Emissionen auf nahe Null zu senken –eine Aufgabe für drei globale Generationen und nicht für drei deutsche Legislaturperioden. Lassen Sie sich also nicht verwirren von „Aktivisten“ in der Wissenschaft und anderswo: Wenn wir es schaffen, die Emissionen zu stoppen bei 600 ppm CO2 werden wir auch in den Kategorien des IPCC keine Katastrophe erleben. In nur zwei Monaten erschienen bedeutende Arbeiten, die  es noch schlechter aussehen lassen  für die Klimakatastrophe. Wir erwarten neue Forschungsresultate mit großer Spannung!