Senat von North Carolina erteilt Rahmstorfs beschleunigtem Meeresspiegel eine Absage

Ein Umdenken hat eingesetzt. Ganz allmählich dämmert der Politik, dass mit der alarmistischen Endzeitstimmung – wie sie von einigen IPCC-nahen Klimawissenschaftlern verbreitetet wird – möglicherweise etwas faul ist. Wieviel Realität steckt in den Prognosen und wie viel ideologische Überzeugung? Ein schönes Beispiel hierfür spielt sich gerade in North Carolina an der US-amerikanischen Atlantikküste ab. 

Ausgangspunkt ist ein kontroverser Bericht, den eine Expertengruppe der Küstenkommission von North Carolina im Jahr 2010 erstellt hatte. Hierin wird vorgeschlagen, einen Meeresspiegelanstieg von einem Meter bis 2100 für Planungszwecke anzunehmen. Dies ist deutlich mehr als die aktuelle Anstiegsgeschwindigkeit erwarten ließe. Laut Pegelmessungen steigt der Meeresspiegel in North Carolina derzeit nur um etwa 2 mm pro Jahr an, und wenn man den Satellitendaten glaubt um 3 mm/Jahr. Dies würde bis 2100 lediglich einen Anstieg von 20-30 cm ergeben. Nun nehmen die Autoren des Berichts jedoch für die Zukunft eine signifikante Steigerung der Anstiegsgeschwindigkeit an. Begründet wird dies mit der laut IPCC zu erwartenden starken globalen Erwärmung, was sich durch Wasserausdehnung und Eisschmelze in gesteigerte Meeresspiegelanstiegsraten übersetzen würde. Im Bericht wird hierzu eine Arbeit von Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zitiert. Auch wird Bezug genommen auf die Doktorarbeit des Amerikaners Andrew Kemp, der geologische Studien in den Salzmarschen von North Carolina durchführte und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs nachweisen konnte. Die Beschleunigung war dabei durchaus zu erwarten, da dies den Übergang von der Kleinen Eiszeit zur Modernen Wärmeperiode darstellt. Eine weitere Beschleunigung während der letzten 30 Jahre konnte hingegen nicht festgestellt werden.

Im Juni 2011 taten sich dann Kemp und Rahmstorf zusammen und veröffentlichten in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) eine Studie, in der sie die Meeresspiegel-Rekonstruktion auf die vergangenen 2000 Jahre ausdehnten. Mit von der Partie war auch der berühmt-berüchtigte Michael Mann, der zehn Jahre zuvor mit der ominösen Hockey-Stick-Kurve Berühmtheit erlangt hatte. Auch aus dieser Studie kamen wieder etwa 2 mm Meeresspiegelanstieg pro Jahr für die letzten 100 Jahre heraus. Für die vorindustrielle Zeit der letzten 2 Jahrtausende Jahre nehmen die Autoren in guter alter Hockey Stick-Manier hingegen kaum Meeresspiegeländerungen an. Entsprechend verbreitete das PIK in einer Pressemitteilung zum Paper:

Seit Beginn der Industrialisierung steigt der Meeresspiegel schneller als je zuvor in den letzten zweitausend Jahren. Nach vielen Jahrhunderten mit stabilen oder nur langsam steigenden Werten geht die Kurve seit Ende des 19. Jahrhunderts steil nach oben. […] Das zeitliche Zusammentreffen der Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs mit dem Beginn der Industrialisierung sei, so Rahmstorf, ein deutlicher Hinweis: „Der Mensch heizt mit seinen Treibhausgasen das Klima immer weiter auf, daher schmilzt das Landeis immer rascher und der Meeresspiegel steigt immer schneller.“ […] Die Forscher haben in Bohrkernen aus Salzwiesen an der nordamerikanischen Küste fossile Kalkschalen von Einzellern untersucht – ein natürliches Archiv der Pegelstände des Ozeans. Menge und Art dieser Kalkschalen zeigen den Wasserstand vergangener Jahrhunderte an, weil die Arten jeweils in einer ganz bestimmten Höhe im Gezeitenbereich leben. Die in North Carolina gewonnenen Daten decken sich mit Hafenpegeldaten, soweit diese zurückreichen, und sie wurden außerdem durch eine unabhängige Rekonstruktion aus Massachusetts bestätigt. Obwohl Meeresspiegelschwankungen örtlich in gewissem Rahmen vom Verlauf des globalen Meeresspiegels abweichen können, gehen die Forscher davon aus, dass ihre Daten im Großen und Ganzen die Veränderungen im globalen Meeresspiegel aufzeigen.

Die Kritik der Fachkollegen folgte umgehend via Spiegel Online:

[Das Hauptproblem der neuen Untersuchung besteht darin], dass sie letztlich nur auf den Funden von der Küste North Carolinas beruht – was für eine Aussage der globalen Entwicklung zu wenig sein könnte. „Diese Studie eignet sich deshalb überhaupt nicht für Vorhersagen“, meint Jens Schröter vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. […] Zwar haben Rahmstorf und seine Kollegen auch Daten aus anderen Weltgegenden in ihre Studie einbezogen – doch die weichen teils erheblich von den Werten aus Nordamerika ab. „Nur die Daten aus North Carolina passen einigermaßen zur rekonstruierten Meeresspiegelentwicklung“, sagt Schröter. Er kritisiert, dass die PIK-Forscher versucht haben, mit ihren Daten ein bereits bestehendes Modell zu bestätigen. „Hätte man versucht, allein auf Basis der Daten eine Kurve zu entwickeln, wäre das wohl schwierig geworden.“ Auch Michal Kucera von der Universität Tübingen hält die Frage, wie repräsentativ die Daten aus Nordamerika sind, für die „Achillesferse“ der Studie. Wenigstens aber sei das Gebiet „eines der besten“ für eine solche Untersuchung. Anderswo sei die Lage noch schwieriger.

Möglicherweise war also die Meeresspiegelanstiegsrate von North Carolina im 20. Jahrhundert doch nicht so beispielslos wie von Rahmstorf und seinen Kollegen angenommen. Und auch die Idee einer stetigen Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs in den kommenden Jahrzehnten wird nicht von allen Kollegen uneingeschränkt geteilt. Spiegel Online dazu:

Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar) bezeichnet den Beobachtungszeitraum von rund 2000 Jahren zwar als „eine Stärke der Studie“. Doch seien die langfristigen natürlichen Schwankungen des Meeresspiegels noch kaum verstanden: „Was in Zeiträumen von 300 bis 400 Jahren passiert, ist höchst umstritten.“ […] Was aber die Prognosen über die künftige Entwicklung betrifft, hegt er ähnliche Zweifel wie Schröter: Wie viel Eis in der Arktis und der Antarktis in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten wirklich verloren gehe, wisse heute niemand genau. „Das“, meint Latif, „muss man ehrlich sagen.“

Wie in einem kürzlichen Blogartikel an dieser Stelle berichtet, erschien Ende Juni 2012 in der Zeitschrift Nature Climate Change die Arbeit einer Forschergruppe vom US Geological Survey (USGS) um Asbury Sallenger Jr. Die Wissenschaftler hatten Meeresspiegel-Pegelmessungen der US-amerikanischen Küsten ausgewertet und stellten fest, dass der Meeresspiegel entlang eines 1000 km langen Küstenstreifens von Boston über New York bis Cape Hatteras in North Carolina in den letzten 60 Jahren drei bis viermal so schnell angestiegen wäre als im globalen Durchschnitt (siehe unser Blogartikel „Beschleunigte Meeresspiegelanstiege gehören schleunigst in die Mottenkiste“). Allerdings ist in den Satellitendaten davon nichts zu erkennen. Auch eine Studie von James Houston und Robert Dean, die im Mai 2011 im Journal of Coastal Research erschien, fand keine erhöhten Meeresspiegelanstiegsraten in den letzten 60 Jahren.

 

Welcher Meeresspiegelanstieg soll in den staatlichen Planungen verwendet werden?

Wie wir gesehen haben, gibt es aus den Messdaten momentan keinen Hinweis auf eine weitere Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs. Die Geschwindigkeit ist in den letzten 60-80 Jahren stabil geblieben. Ist es unter diesen Umständen wirklich gerechtfertigt, einen Meeresspiegelanstieg in den Küstenschutzplanungen anzunehmen, der drei bis fünf Mal höher liegt als aufgrund der historischen Daten anzunehmen? Einziger Grund hierfür wären die theoretischen Klimamodelle des IPCC, die jedoch aufgrund einer wahrscheinlichen Überschätzung der Klimawirkung des CO2 unrealistisch hohe Temperatur- und Meeresspiegel-Steigerungen simulieren. Dieselben Modelle schafften es nicht, den Erwärmungsstop der vergangenen 12 Jahre zu prognostizieren. Das Vertrauen in die theoretischen Modelkonstrukte schwindet allmählich.

Beim Küstenschutz geht es um viel Geld. Jeder Zentimeter potentieller Anstieg des Meeres muss teuer durch Deich- und andere Baumaßnahmen abgesichert werden. Wertvolle Flächen können langfristig nicht genutzt werden und Grundstückswerte sinken. Nicht auszudenken, wenn sich die Meeresspiegelanstiegsprognosen später als vollkommen überzogen herausstellen sollten. Dringend an anderer Stelle benötigte Gelder wären sinnlos vernichtet und Eigentumswerte zerstört worden. Hier ist die Politik gefordert, um einen Weg zu finden, der ausreichend Schutz gegen realistische Gefahren bietet und gleichzeitig nicht die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu sehr behindert. In Australien haben beschleunigte Meeresspiegelanstiegsprognosen bereits ersten Küstenbewohnern finanzielle Probleme bereitet.

Unter sorgfältiger Abwägung aller verfügbaren Informationen entschied der Senat von North Carolina im Juni 2012 mit 35 zu 12 Stimmen, dass bei Küstenschutzplanungen zukünftig mit der historisch gut dokumentierten Meeresspiegelanstiegsrate kalkuliert werden muss. Eine Beschleunigung wie sie von der Rahmstorf-Gruppe für die Zukunft postuliert wird, soll nicht eingerechnet werden. (Siehe Berichte auf junkscience, Climatewire, WUWT, John Droz Jr.). NACHTRAG: Das Gesetz wurde Anfang Juli 2012 auch vom Repräsentantenhaus von North Carolina abgesegnet. Nun  muss nur noch der Governeur zustimmen. 

Die republikanische Politikerin Pat McElraft hatte sich für die beschlossene Regelung eingesetzt und erklärte, dass sie eine zukünftige starke Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs als unrealistisch ansieht und dies lediglich Vermutungen darstellen.

Ihr Kollege Tom Thompson sagte, dass er eine wirtschaftliche Katastrophe in den Küstenorten verhindern müsse, die im Zusammenhang mit Spekulationen über einen beschleunigten Meeresspiegelanstieg drohen würde. Bei einem Anstieg von 1 m würden 2000 Quadratmeilen der Küstenzone geflutet. Unter Annahme dieses Szenarios wäre es für Grundstücks- und Hausbesitzer schwer, ihr Eigentum zu verkaufen, zu finanzieren, zu versichern oder produktiv zu nutzen.

Prof. Robert Dean von der University of Florida in Gainesville sieht bei einigen Ozeanographen einen ideologische Interessenskonflikt, bei dem es auch um die Sicherung von Forschungsfördergeldern geht, die vor allem bei alarmistischen Resultaten üppig sprudeln.

Währenddessen war Stefan Rahmstorf wieder in North Carolina unterwegs um neuen Torf für seine Forschungsprojekte zu stechen. Entzückt berichtet er in seinem Blog über den heraufziehenden Tropensturm Alberto „obwohl die Tropensturmsaison im Nordatlantik offiziell erst im Juni beginnt.“ Richtig willkommen ist er bei den Lokalpolitikern dort aber vermutlich nicht mehr.