Die Mittelalterliche Wärmeperiode vor 1000 Jahren hatte ein ähnliches Temperaturniveau wie heute. Die günstigen Temperaturen ließen das arktische Meereis damals kräftig schmelzen, so dass die Wikinger kurz darauf Island und Grönland besiedeln konnten. Bereits 2008 erschien in den Earth and Planetary Science Letters ein leider heute viel zu wenig beachteter Artikel, in dem die Temperaturgeschichte des Meeresgebiets vor Island detailliert für die vergangenen 2000 Jahre rekonstruiert wurde. Durchgeführt wurde die Studie von einem internationalen Forscherteam um Marie-Alexandrine Sicre vom Laboratoire des Sciences du Climat et de l’Environnement im französischen Gif-sur-Yvette.
Das Untersuchungsmaterial bestand aus einem Sedimentkern, der aus dem Meeresboden nördlich von Island gewonnen wurde. Anhand der geochemischen „Alkenon-Methode“ konnten die Forscher eine Temperaturkurve für die vergangenen 2 Jahrtausende mit einer bis dahin nicht erreichten zeitlichen Auflösung von zwei bis fünf Jahren erstellen. Die Altersdatierung erfolgte mithilfe von vulkanischen Aschelagen.
Die Temperaturen schwankten im Untersuchungszeitraum in Island um etwa zwei Grad (Abbildung 1). Die warmen Phasen entsprechen dabei der Römischen Wärmeperiode vor 2000 Jahren sowie der Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren. Kalte Temperaturen wurden in Island während des Völkerwanderungspessimums sowie der Kleinen Eiszeit registriert (Abbildung 1). Dieses Klimamuster ist mittlerweile von allen Erdteilen dokumentiert und muss daher als global angesehen werden. Die charakteristischen Temperaturschwankungen folgen dabei den bekannten Millenniumszyklen der Sonnenaktivität (siehe Kapitel 3 in „Die kalte Sonne“).
Aufgrund der hohen zeitlichen Auflösung der Temperaturkurve konnten Marie-Alexandrine Sicre und ihre Kollegen eine weitere faszinierende Entdeckung in ihren Daten machen. Sie fanden, dass die Temperaturen um 980 n. Chr. innerhalb von nur einem Jahrzehnt abrupt um ein bis anderthalb Grad angestiegen waren. Dies war offensichtlich der Startschuss für die Mittelalterliche Wärmeperiode. Die hochauflösenden Daten zeigen also, dass die Erwärmungsrate 1977-2000 in keinster Weise einzigartig gewesen ist, wie oftmals von IPCC-Seite behauptet wurde. Vermutlich traten ähnlich hohe Erwärmungsraten sogar in jeder einzelnen Wärmeperiode des 1000-jährigen Zyklus auf. Während wir heute tagesgenaue Temperaturmessdaten haben, vergröbert sich die zeitliche Auflösung für die Vergangenheit signifikant. Auch aus diesem Grund wäre es daher sicher falsch, im 20.Jahrhundert plötzlich von „noch nie dagewesenen Erwärmungsraten“ zu sprechen.
Abbildung 1: Temperaturrekonstruktion der letzten 2000 Jahre für einen Bohrkern aus einem Gebiet nördlich von Island. Die charakteristischen Klimazyklen verlaufen synchron zu Schwankungen der Sonnenaktivität. Abbildung aus Sicre et al. (2008).