An: Rundfunkrat Deutsche Welle
Von: Sebastian Lüning
Gesendet: 29.7.2016
Sehr geehrter Rundfunkrat,
Am 4.7.2016 brachte die Deutsche Welle ein Interview mit der Präsidentin von Mauritius zu angeblichen Klimawandelschäden auf ihrer Insel.
http://www.dw.com/de/mauritius-wappnet-sich-f%C3%BCr-den-klimawandel/a-19376186
Dabei werden jedoch Behauptungen aufgestellt, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar sind. Ihre Redakteurin Sonya Diehn hat es leider versäumt, hier im Gespräch kritisch nachzuhaken. Dies ist bedauerlich, insbesondere weil eine fehlerhafte wissenschaftliche Argumentationsbasis in niemandes Interesse sein kann, wenn es im Hintergrund um Milliarden-schwere Zahlungen zu Klimawandelschäden geht.
Konkret suggeriert Ameemah Gurib-Fakim, dass Wirbelstürme, Meeresspiegel, Dürren und Überschwemmungen auf Mauritius durch den Klimawandel häufiger geworden seien. Ein Blick auf die harten Daten bestätigt diese Vermutungen jedoch nicht.
Wirbelstürme: Generell ist in den letzten Jahrzehnten kein Trend in der Wirbelsturm-Häufigkeit in der Region erkennbar.
http://www.ajol.info/index.php/wiojms/article/view/56672
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/joc.2406/abstract
Meeresspiegel: Kein dramatischer Anstieg, z.T. sogar fallender Meeresspiegel. Der Küstenpegel Rodrigues dokumentiert eine sehr große natürliche Variabilität, die jedweden anthropogenen Einfluss überstrahlt.
http://www.psmsl.org/data/obtaining/stations/1672.php
http://www.wiomsa.org/download/179-194_ragoonaden3.pdf
Die Küstenerosion ist für eine Insel ein ganz natürlicher Prozess, keine spezifische Folge des Klimawandels
Dürren: Auch hier dominieren in der Region natürliche Schwankungen das Geschehen, die z.T. an die Sonnenaktivität gekoppelt sind:
http://www.nature.com/nature/journal/v493/n7432/full/nature11785.html
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0031018213005749
Ähnlich wird es sich bei den Überschwemmungen verhalten.
http://www.nature.com/nature/journal/v532/n7597/full/nature17418.html
Die Fehlinterpretationen sollten angesichts der großen Bedeutung des Themas nicht einfach so stehen gelassen bleiben. Ich würde Sie daher bitten, in einem Nachfolgebeitrag auf die Punkte korrigierend und diskutierend einzugehen. Desweiteren ist ein aufklärender Hinweis auf der Webseite zum Interview dringend notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. habil. Sebastian Lüning
Lissabon
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Am 2.8.2016 erhielten wir eine Antwort vom Prälat Dr. Karl Jüsten. Leider geht er auf keines der angeführten Argumente ein. Stattdessen verweist Jüsten pauschal auf den IPCC-Bericht sowie den Papst. Offenbar besteht gar kein Interesse daran, die Punkte genauer zu prüfen.
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An: Prälat Dr. Karl Jüsten, Vorsitzender des Rundfunkrates
Von: Dr. habil. Sebastian Lüning
Gesendet: 10.8.2016
Sehr geehrter Herr Dr. Jüsten,
Herzlichen Dank für Ihre schnelle Antwort. Wenn ich Sie recht verstehe, dann sollten wir hinsichtlich des wissenschaftlichen Wahrheitsgehalts der Äußerungen von Frau Gurib-Fakim nicht allzu streng sein, da sie im Sinne der Guten Sache agiert. Mir ist natürlich aufgefallen, dass Sie auf keines meiner Argumente im Detail eingegangen sind. Wie Sie wissen, bildet die von mir zitierte Fachliteratur den Grundstock der IPCC-Berichte. Ihr Hinweis auf die Sachstandsberichte des Weltklimarats führt daher nicht weiter. Überrascht war ich, dass Sie den Papst und seine Enzyklika als Beleg verwenden. Mir ging es übrigens nicht darum, den Klimawandel in Frage zu stellen – er ist real und verdient unsere große Beachtung. Das ist aber kein Freifahrschein dafür, fragwürdige wissenschaftliche Behauptungen aufzustellen, deren Prüfung dann vermieden wird. Dies gilt insbesondere, wenn es um große Geldflüsse geht, wo eine präzise Argumentation unabdinglich ist. Das sollte im übrigen auch Frau Gurib-Fakim als Wissenschaftlerin eigentlich wissen. Gegen Ende des Interviews bestätigt die Präsidentin, worum es ihr geht:
“Natürlich läuft es am Ende auf eines hinaus: Die Finanzierung. [schmunzelt]”
Ich freue mich, dass die Deutsche Welle das Thema Klimawandel weiter im Auge behält. Es wäre wichtig, dass Sie hier auch auf den ersten Blick unbequeme Forschungsergebnisse nicht aussparen. Die folgenden wichtigen Studien sind kürzlich veröffentlicht worden und wären für eine Berichterstattung durch die Deutsche Welle geeignet:
Bedarf an Bewässerungswasser stärker bestimmt durch Kulturpflanze als durch Klimaänderung
http://www.atb-potsdam.de/meta/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/article/bedarf-an-bewaesserungswasser-staerker-bestimmt-durch-kulturpflanze-als-durch-klimaaenderung.html
The North Atlantic Oscillation as a driver of rapid climate change in the Northern Hemisphere
http://www.nature.com/ngeo/journal/v9/n7/full/ngeo2738.html
Niederländische Forscher lehnen Stefan Rahmstorfs Golfstrom-Modell ab
http://www.o-snap.org/new-research-published-by-de-jong-and-de-steur/
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Lüning