Neue Studie: Den Steinlawinen im Mont-Blanc-Massiv ist das Klima herzlich egal

Am 21. April 2016 beschäftigte sich Dagmar Röhrlich im Deutschlandfunk (DLF) mit einer neuen Arbeit eines Teams um Ulf Büntgen zur Klimageschichte des russischen Altai-Gebirges und der Alpen während der vergangenen 2000 Jahre. Wir hatten an dieser Stelle bereits über die Studie berichtet. Thema ist die Kältephase der Völkerwanderungszeit. In der Originalarbeit werden im Abstract Vulkanausbrüche und solare Schwächephase als Erklärung genannt:

We find an unprecedented, long-lasting and spatially synchronized cooling following a cluster of large volcanic eruptions in 536, 540 and 547 AD (ref. 14), which was probably sustained by ocean and sea-ice feedbacks15, 16, as well as a solar minimum17.

Und raten Sie mal – genau – die Sonne hat es doch tatsächlich nicht in Dagmar Röhrlichs Beitrag geschafft. Sie mag die Sonne offenbar nicht, daher fiel der kühlende solare Faktor kurzerhand unter den Tisch. Sozusagen beim Tricksen auf frischer Tat ertappt…  Hier der Anfangsabsatz aus dem DLF-Beitrag:

Vulkanausbrüche im Mittelalter: Als Vulkane die Menschen hungern ließen
Missernten und Hunger gab es Mitte des sechsten Jahrhunderts in weiten Bereichen Europas – aber ebenso in Mittelamerika. Dort gerieten die Maya in eine große Krise. Beides könnte eine gemeinsame Ursache haben: Zwei Vulkane, die innerhalb weniger Jahre ausgebrochen sind – ein Doppelschlag mit verheerenden Folgen für Klima und Gesellschaft.

Trotz seiner selbst gewählten Einseitigkeit hat der DLF mit diesem Bericht – wohl unbewusst und unfreiwillig – einmal mehr gezeigt, dass die Menschheit vor allem unter Kälteperioden gelitten hat, und nicht in den Phasen einer Klimaerwärmung, wie in den Römischen und Mittelalterlichen Warm-Perioden, oder eben heute…

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Der Klimawandel ist bekanntlich an (fast) allem Schuld. Das gilt natürlich auch für Bergstürze. Immer wenn die Felsen ins Tal prasseln, weiß man im Grunde schon, wer hier die Finger mit im Spiel hat. Auf Wikipedia kann man es schwarz-auf-weiß nachlesen:

Der mit dem Klimawandel verbundene Temperaturanstieg und das damit einhergehende Auftauen des bis anhin stabilisierenden Permafrosts erhöht die Gefahr von Bergstürzen. Die historische Geologie kennt Bergstürze mit diesen Ursachen bereits aus früheren Warmzeiten.

Nun hat das elegante Modell jedoch einen empfindlichen Dämpfer erlitten. Ein Forscherteam um Philip Deline rekonstruierte die Bergsturz-Historie im Mont Blanc-Massiv während der vergangenen Jahrtausende. Das Ergebnis lässt aufhorchen: Die Forscher konnten keinen Zusammenhang zwischen Steinlawinen und dem Klima feststellen. Ob kalt, ob warm, die Steine kümmerten sich nicht darum. Hier die Kurzfassung der Arbeit:

Repeated Holocene rock avalanches onto the Brenva Glacier, Mont Blanc massif, Italy: A chronology
Infrequent rock avalanches (volume ≥1 Mm3) are long-runout processes, especially when travelling onto a glacier, that may threaten populated mountain valleys. Rock avalanches also have strong implications are for relief generation and destruction though time. Both consequences make reconstruction and dating of past events crucial, but dense clusters of events documented in one basin that may improve our knowledge of rock-avalanche frequency and triggering are very rare. Here we propose a chronology of seven of the rock-ice avalanches that affected a steep glacier basin on the southeast side of the Mont Blanc during the late Holocene. A geomorphological study of the runout deposits on the valley floor and the opposite side was combined with the analysis of historical sources and the use of absolute and relative dating methods, especially surface exposure dating with cosmogenic nuclides of 18 granite boulders from two deposits. These rock-ice avalanches are dated AD 1997 and 1920, with a rock volume in the range 2.4–3.6 and 2 × 106 m3, respectively; AD 1767, with a slightly shorter runout; AD 1000–1200, with a longer runout; c. AD 500, the runout of which is uncertain; c. 2500 BP, the determination of which is indirect; and c. 3500 years, with the longest runout. There is no distinct relationship between climatic periods and occurrence of these rock avalanches. Even for the two best documented ones, modelling suggests that the 1997 scar was characterized by a permafrost close to 0 °C, whereas in contrast, the 1920 scar was on the contrary located in cold permafrost.