Die Sonne im Oktober 2015 und Fußgängerampeln in New York

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Unser Stern war im vergangenen Oktober [2015] weniger aktiv als im September. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) betrug 61,7. Das sind nur 72% des in diesem Zyklusmonat Üblichen als Mittelwert aller vergangenen durchgängig beobachteten Zyklen seit 1755. Im Detail:

Abb.1: Unser aktueller Zyklus 24 mit Beginn im Dezember 2008 (rot) im Vergleich mit einem mittleren Zyklus ( blau) und dem in den letzten Monaten recht ähnlichen Zyklus (SC) 5 (schwarz).

 

Auffällig ist, dass die großen negativen Abweichungen in der ansteigenden und Plateauphase des Zyklus auftraten: Bis zum Monat 54 war die Sonne nur 47% so aktiv wie im Mittel. Später gleicht sich im abfallenden Teil des Zyklus die Aktivität wieder an. Hier sahen wir bisher 73% im Mittel; über den gesamten Zyklus beträgt diese Zahl 56%. Der aktuelle Vergleich der beobachteten Zyklen:

Abb.2: Der Vergleich der Zyklen untereinander. Die Zahlen entstehen durch die Summation der Anomalien (in Abb.1 die Abweichungen zwischen den einzelnen Zyklen und dem Mittelwert, dort blau) über  alle bisher beobachteten Monate bis zum aktuellen 83. Monat.

 

Sehr gut ist der „Aktivitätsbuckel“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu sehen, vom Zyklus 17 bis zum Zyklus 23. Dem trug auch ganz aktuell eine Konferenz Ende Oktober 2015 Rechnung, die den solaren Antrieb („Forcing“)  für eine neue Generation von Klimamodellen (CMIP6) erarbeitete:

Abb.3: Das solare Forcing für neue Klimamodelle, Quelle: Matthes & Funke 2015.

 

Der Beitrag von Katja Matthes vom Geomar in Kiel und Bernd Funke vom Astrophysikalischen Institut  in Granada sieht  einen Anstieg von ca. 1W/m² im Mittel zwischen 1880 und 1950 – 2000 (hellblauer Graph in Abb.3). Man sagt nun bis 2075 einen Abfall etwa auf etwa die Werte von 1880 voraus (grau in Abb. 3). Allerdings sollte man mit dem Forecast vorsichtig sein: Die Sonne ist ein sehr dynamischer Stern. Immerhin: die fragwürdige Konstanz der Solarstrahlung wie sie die älteren Modelle (CMIP5 in lindgrün) weissagen wollten, wird aufgegeben.

Man bewertet heute den solaren Antrieb um den Faktor 5 stärker als  vor wenigen Jahren (Feulner & Rahmstorf 2010), als die konventionelle Klimaforschung wie auch der Weltklimarat IPCC  die Forcingunterschiede durch die Gesamtstrahlung der Sonne (TSI) nur mit ca.  0,2W/m² berücksichtigte.

Die Sonne gewinnt offensichtlich mehr Einfluss in der Welt der Klimamodellierer, sie wird in den neuen Modellen nicht mehr ganz so vernachlässigt. In der Berichterstattung über die kommende  Pariser Konferenz  jedoch werden Sie von diesen Erkenntnissen nichts hören: Dort wird die Sonne keinen Einfluss auf unser gegenwärtiges Klima haben. Das einzige worum es sich dort drehen wird ist Kohlendioxid.

 

Was erreichen wir mit den in Paris zur Verabschiedung anstehenden Beschlüssen klimatisch?

Mit dieser Frage setzte sich  der Politikwissenschaftler und Statistiker Bjorn Lomborg in einer ganz aktuellen Arbeit auseinander. Er untersucht die geplanten Maßnahmen von Paris im Dezember des Jahres zur angestrebten Reduktionen des Treibhausgasausstoßes und macht eine Einschränkung: Er beschäftigt sich nur mit den politischen Maßnahmen / Versprechungen bis 2030. Alles was danach kommt bezeichnet er als nicht relevant da politische Horizonte selten mehr als 15 Jahre übersteigen. Er stellt die geplante Entwicklung der Emissionen für die großen Wirtschaftsräume dar, hier ist das europäische Beispiel:

Abb. 4: Die optimistischen (blau) und pessimistischen (rot) Emmissionsentwicklungen bis 2100 in Europa (Quelle: Bild 5 der zitierten Arbeit).

Im zweiten Schritt berechnet der Autor mit einem Klimamodell die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die globalen Temperaturen. Wohlgemerkt, Lomborg tut so, als ob die Rechenmethoden der Klimamodelle richtig wären, was wir schon immer in Frage gestellt haben. Er bezieht sich weiter auf das 850 ppm in 2065-Szenario mit einem starken CO2 Wachstum im Verlaufe dieses Jahrhunderts. Obwohl wir die Prämissen nicht teilen, so ist das Ergebnis gleichwohl ernüchternd:

Abb. 5: Die klimatischen Auswirkungen der europäischen Anstrengungen zur Reduzierung in einem auf Treibhausgase recht empfindlichen Klimamodell (Quelle: Bild 6 der zitierten Arbeit).

 

Man sieht es in Abb.5 kaum:  Alles, was man in Europa derzeit zur „Klimarettung“ vorhat, bewirkt in 2100 eine Reduktion der Temperatur um 0,026 °C im besten Fall. Man wird das am Ende des Jahrhunderts wohl nicht merken! Lomborg führt diese Betrachtung für alle Wirtschaftsräume durch und addiert die Effekte durch „Paris COP21“:

Abb.6: Die klimatischen Auswirkungen der globalen Anstrengungen zur Emmisionsreduzierung mit dem gleichen Modell wie in Abb.5 (Quelle: Bild 11 der zitierten Arbeit).

 

Es kommen im günstigsten Falle bis 2100 durch alle globalen Anstrengungen ganze 0,17 °C  zusammen. Die Temperatursteigerung gegenüber vorindustriellen Werten beträgt dann statt 4,67 °C „nur“ 4,5°C. Eine Reduktion um stolze 4%! Man muss hier berücksichtigen, dass China  seine wirkungsvollsten Maßnahmen zur Emissionsreduzierung erst nach 2030 umsetzen will und daher in der Arbeit von Lomborg kaum berücksichtigt werden konnten mit der Begründung: Versprechen, die erst in so langen Zeiträumen umgesetzt werden sollen können nicht gewertet werden: Papier ist geduldig. Zumindest unsere Erfahrungen mit politischen „Leitlinien“ bestätigen die Vorgabe oder können Sie sich an Politikerworte von vor 15 Jahren erinnern, die heute noch so Bestand haben? „Die Rente ist sicher!“?

Lomborg legt den Finger zumindest in eine Wunde: Für viele Arbeiten wurden gegenüber Treibhausgasen  recht hoch sensitive Modelle und Szenarien verwendet, um die Auswirkungen der menschgemachten Erwärmung möglichst drastisch darzustellen. Er weist nach, dass mit der Verwendung dieser „Horrorszenarien“ auch der Einfluss des Menschen durch Beschlüsse in Paris marginal sein muss, die „Klimakatastrophe“ abzuwenden. In unserer letzten Kolumne hatten wir unter tätiger Mithilfe von Nicholas Lewis ein auf Beobachtungen basierendes realistischeres Szenario entwickelt. Hier wird das Zwei-Grad-Ziel sicher eingehalten werden und die Ergebnisse des vom von Lomborg benutzten Modells (4,7 °C) werden weit unterboten.

Die „Einsparung“ von 0,17 °C durch Emissionsreduzierungen hat hier immerhin einen (immer noch kleinen) Effekt. Dass zur Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles keine weitere Konzentrationssteigerung insbesondere von CO2 in der Atmosphäre über 600 ppm hinaus ab 2100 stehen sollte, hatten ja auch wir gefolgert. Immer natürlich vorausgesetzt, dass sich das Klima so entwickelt wie es sich das IPCC  heute denkt! Auch mit diesem fragwürdigen Modellansatz  stehen jedoch die ökonomischen Aufwendungen durch sofortige überhastete Kamikaze-Aktionen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Und es vergeht kein Monat, in dem nicht die bisherigen Modellannahmen in Frage gestellt oder weiter entwickelt werden müssen um die Realitäten zu erfassen, wie durch den oben zitierte Beitrag  von Katja Matthes und Bernd Funke.

Am Ende werden Sie sich fragen: Was hat dies alles mit der Überschrift („Fußgängerampeln in New York“) zu tun? Nun, diese Ampeln haben einen Knopf, mit dem der Passant „grün“ anfordern kann. Der Schalter hat praktisch zu keiner Tageszeit eine Funktion. Er beruhigt die Leute beim Warten, denn sie haben den Eindruck, dass sie etwas steuern können. Man nennt dieses psychologische Phänomen „control bias“, also eine nur scheinbar vorhandene Fähigkeit etwas zu beeinflussen. Genau diesem Fehler drohen wir in Paris aufzusitzen.