Thomas Stocker unterliegt in der Wahl zum IPCC-Chef und verlässt enttäuscht den Weltklimarat

Die Würfel sind gefallen. Der neue IPCC-Chef kommt aus Südkorea. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete am 6. Oktober 2015 über die Wahl zum neuen Weltklimaratsvorsitzenden:

Thomas Stocker unterliegt in der Wahl zum IPCC-Chef
Der Südkoreaner Hoesung Lee ist am Dienstagabend zum neuen Vorsitzenden des Weltklimarates (IPCC) gewählt worden. Das meldete die Uno-Organisation mit Sitz in Genf in einer Twitter-Nachricht. Hoesung Lee erzielte im zweiten Wahlgang 78 Stimmen, der Belgier Jean-Pascal van Ypersele 56 Stimmen, wie es von der Universität Bern hiess. Bereits im ersten Wahlgang war der Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker ausgeschieden – wegen zwei fehlender Stimmen.

Weiterlesen in der Neuen Zürcher Zeitung.

Was bedeutet dies für die überfällige Reform des IPCC? Kann Lee die Aufgabe schaffen? Allzuviele Hoffnungen sollte man sich nicht machen, denn Hoesung Lee ist bereits seit 2008 IPCC-Vize-Vorsitzender, gehört also seit langer Zeit zum „Club“. Trotzdem gibt es einen Schimmer Hoffnung. Der „Neue“ will nämlich die Wirtschaft stärker in die Berichtserstelllung einbinden, heißt es. Hoffentlich nicht nur die Versicherungswirtschaft… Auf euractiv.de heißt es dazu:

Er verspricht in seinem Bewerbungsschreiben die Schaffung von regionalen Exzellenzzentren für Klimaforschung, Anpassung und Treibhausgasminderung. Dabei ist es ihm wichtig, Wachstumsmodelle zu finden, die eine Überwindung der Armut und die Schonung der Erdatmosphäre ermöglichen. Damit die Wirtschaft den Forschern nicht so leicht Einseitigkeit vorwerfen kann, will Hoesung sie stärker einbeziehen. Die Kommunikation soll sich künftig stärker auf regionale Bedürfnisse konzentrieren.

Der in der Wahl unterlegene Thomas Stocker zeigte sich enttäuscht und erklärte seinen Rückzug aus dem IPCC, wie das SRF am 7. Oktober 2015 meldete:

Nach Nichtwahl: Schweizer Klimaforscher verlässt Weltklimarat
[…] Bei der Wahl unterlegen ist der Berner Klimaphysiker Thomas Stocker. Dieser reagiert enttäuscht auf das Resultat. Er zieht sich aus dem IPCC zurück. […]

SRF: Was bedeutet Ihre Nicht-Wahl für Sie?

STOCKER: Ich habe mich 17 Jahre lang im IPCC engagiert Ich glaube stark an die alte Redewendung «servir et disparaître» (dienen und verschwinden, Anm. d. Red.). Ich habe meinen Beitrag geleistet. Jetzt kommt eine neue Generation, die sicherstellt, dass in den nächsten fünf bis sieben Jahren wiederum ein ausgezeichneter Klimabericht vorliegt.

SRF: Das heisst, Ihr Engagement im IPCC ist beendet?

STOCKER: Das ist so. Ich habe jetzt viele freie Valenzen. Ich werde wieder voll in die Forschung an der Universität Bern zurückkehren. Vielleicht übernehme ich auch die eine oder andere Aufgabe ausserhalb. Ich habe aber noch keine konkreten Pläne.

Im selben Beitrag beklagt sich Stocker auch, dass er eigentlich 38 fest zugesagte Stimmen hatte, von denen aber offenbar in letzter Minute noch 8 absprangen. Eine sehr politische Wahl, bei der sich augenscheinlich die Asiaten gegen ihn verschworen hätten und schließlich ihren südkoreanischen Kandidaten auf das Treppchen hoben.

Mehr zum IPCC können Sie übrigens auf den bestens sortierten Klimaseiten von Alfred Brandenberger finden:

———————–

Die Süddeutsche „Klimaalarm-“ Zeitung versorgte alle Freunde der Klimaapokalypse am 17. August 2015 mit neuem „Stoff“:

Klimawandel: Gletscher ade
Das Eis des Tian-Shan-Gebirges schwindet rapide. In den vergangenen 50 Jahren haben die Gletscher Zentralasiens etwa ein Viertel ihres Volumens verloren. In den kommenden Jahrzehnten könnte sich der Trend noch beschleunigen.[…] Die Forscher vermuten, dass die globale Erwärmung für den Schwund verantwortlich ist. Sie könnte dazu führen, dass das vorhandene Eis in Zentralasien beschleunigt schmilzt, so die Forscher. Bis 2050 könnte die Hälfte der heutigen Masse verschwinden.

Was der Artikel verschweigt ist, dass das Gletschereis in der weiteren Himalaya-Region schon immer zyklischen Schwankungen unterlegen ist. Das Tian-Shan-Gebirge liegt nur ein paar hundert Kilometer nördlich vom Tibet-Plateau. Eine Forschergruppe um Xingqi Liu unter Beteiligung von Ulrike Herzschuh und Gerhard Kuhn vom deutschen Alfred Wegener Institut in Potsdam und Bremerhaven haben die Gletscherentwicklung der letzten Jahrtausende auf dem Tibetplateau genau rekonstruiert und fanden eine beeindruckende Zyklik. Die Tibetgletscher wuchsen und schrumpften im Tausendjahrestakt, wie die Autoren im September 2014 in den Geophysical Research Letters berichteten. Schmelzphasen ähnlich jener im 20. Jahrhundert ereigneten sich während der Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren, der Römischen Wärmperiode vor 2000 Jahren und der Minoischen Wärmeperiode vor 3000 Jahren (Abbildung 1). Die Autoren erkannten zudem ein hohes Maß an Übereinstimmung mit der Klimazyklik im Nordatlantik wie sie 2001 von Bond et al. beschrieben wurde. Den Antrieb der Klimaschwankungen erkannten Bond et al. in Änderungen der Sonnenaktivität.

In der Kurzfassung schreiben Liu und Kollegen:

Late Holocene glacier variations in westernmost Tibetan Plateau were studied based on the analysis of grain size, magnetic susceptibility, and elements from an 8.3 m long distal glaciolacustrine sediment core of Kalakuli Lake. Our results show that there are four glacier expansion episodes occurring in 4200–3700 calibrated years (cal years) B.P., 2950–2300 cal years B.P., 1700–1070 cal years B.P., and 570–100 cal years B.P. and four glacier retreat periods of 3700–2950 cal years B.P., 2300–1700 cal years B.P., 1070–570 cal years B.P., and 50 cal years B.P.–present. The four glacier expansion episodes are generally in agreement with the glacier activities indicted by the moraines at Muztagh Ata and Kongur Shan, as well as with the late Holocene ice-rafting events in the North Atlantic. Over the last 2000 years, our reconstructed glacier variations are in temporal agreement with reconstructed temperature from China and the Northern Hemisphere, indicating that glacier variations at centennial time scales are very sensitive to temperature in western Tibetan Plateau.

Im Ergebnisteil des Papers wird die Synchronität zu den Bond-Zyklen näher erläutert:

Furthermore, the four glacier expansion episodes were revealed both by glaciolacustrine sediment (this study) and by moraine successions, temporally coincide with the late Holocene ice-rafting events in the North Atlantic (i.e., bond events 0 to 3) [Bond et al., 2001].

Abbildung 1: Zyklische Gletscherwachstumsphasen (grau hinterlegt) und Abschmelzphasen (weiß hinterlegt) auf dem Tibetplateau während der vergangenen 4000 Jahre. Quelle: Liu et al. 2014.