Neue Studie des Wiener Naturhistorischen Museums: Sonnenaktivität prägte das Klima bereits vor 10 Millionen Jahren

Der signifikante klimatische Einfluss von Sonnenaktivitätsschwankungen während der vergangenen 10.000 Jahre konnte durch eine Vielzahl von geologischen Fallbeispielen belegt werden. Entgegen den Ansichten des Weltklimarats sollte daher die Sonne auch im heutigen Klimageschehen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob auch zu anderen geologischen Zeiten die Launen der Sonne das Klima mitgestaltet haben. Dies würde die Bedeutung dieser solar-terrestrischen Kopplung weiter unterstreichen. Die existierenden Temperaturmessreihen seit 1850 sowie die Satellitenmessreihen der letzten 50 Jahre sind viel zu kurz und liegen bereits in einer potentiell anthropogen beeinflussten Phase, so dass geologische Daten unverzichtbar sind. 

Eine österreichisch-ägyptische Forschergruppe um Andrea Kern vom Naturhistorischen Museum in Wien hat sich dieses Problems angenommen und untersuchte hierzu einen sechs Meter langen Sedimentkern, den sie aus einem ehemaligen See im Pannonischen Becken gewonnen haben. Der Kern deckt gut 8000 Jahre Klimageschichte einer Warmphase im Erdzeitalter des sogenannten Miozäns ab, welches 10 Millionen Jahre zurückliegt. 

Um eine möglichst hohe zeitliche Auflösung zu erhalten, beprobten die Wissenschaftler den Sedimentkern detailliert im Zentimeterabstand, wodurch sie 600 Datenpunkte gewannen. Zu jedem Datenpunkt erfassten sie Werte zur natürlichen radioaktiven Strahlung, den magnetischen Eigenschaften sowie die Häufigkeit von kleinen Muschelkrebsen (Ostrakoden). Mit diesen drei Parametern rekonstruierten sie Veränderungen in den ökologischen Bedingungen des untersuchten ehemaligen Gewässers. Das Team veröffentlichte seine Ergebnisse jetzt im renommierten geowissenschaftlichen Fachmagazin Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology

Auf Basis einer statistischen Auswertung identifizierte die Gruppe eine Reihe von charakteristischen Zyklen in den Ablagerungen. Eine genaue Altersdatierung der Sedimente war jedoch nicht möglich, da die Radiokarbonmethode auf jüngere Ablagerungen beschränkt ist. Eine Abschätzung der im Kern enthaltenen Zeit gelang dennoch, da die Forscher Ablagerungsgeschwindigkeiten aus dem benachbarten Wiener Becken heranzogen. Hierdurch konnten die festgestellten Zyklen eindeutig solaren Grundzyklen zugeordnet werden. Gefunden wurden auf diese Weise der Gleissberg-Zyklus (88 Jahre), der Suess/de Vries-Zyklus (208 Jahre), ein 500 Jahres-Zyklus, der Eddy-Zyklus (1000 Jahre) und der Hallstatt-Zyklus (2300 Jahre). Zusätzlich war ein nicht-solarer 1500 Jahreszyklus ausgebildet. 

Ein Vergleich der miozänen Klimazyklen mit den Sonnenzyklen der letzten 10.000 Jahre zeigte – mit Ausnahme des nichtsolaren 1500-Jahreszyklus – ein hohes Maß an Übereinstimmung. Interessant hierbei ist, dass nicht alle Zyklen jeweils in allen drei untersuchten Parametern vorhanden waren. Offensichtlich reagierten die verschiedenen ökologischen Parameter zum Teil unterschiedlich auf den solaren Taktgeber. Die Autoren weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass aus diesem Grund immer mehrere sogenannte Klimaproxies erfasst werden sollten, da ansonsten möglicherweise nicht die vollständige Klimazyklik erfasst wird und solare Schwankungen nicht immer korrekt erkannt werden. Ursache hierfür sind zusätzliche Klimafaktoren (z.B. kühlende Vulkan-Aerosole), interne Zyklen sowie Zeitverzögerungseffekte (time lags), die das solare Signal verwässern. 

Die Autoren schreiben in ihrer Arbeit: 

„Unsere Ergebnisse dokumentieren den durchgreifenden und langlebigen Einfluss solarer Aktivitätsschwankungen auf das Erdklima sowie die regionale Klimavariabilität, sogar in nichtglazialen Perioden.“

  

 

Abbildung. Oben: Zyklenanalyse der solaren Aktivität der letzten 10.000 Jahre. Alle typischen solaren Zyklen sind vertreten: Gleissberg (88 Jahre), Suess/de Vries (208 Jahre), 500 Jahre, Eddy (1000 Jahre) und Hallstatt (2300 Jahre). Unten: Die untersuchten Zyklen der miozänen Seenablagerungen in Österreich besitzen ein sehr ähnliches Spektrum. Zusätzlich ist ein nicht-solarer 1500 Jahreszyklus ausgebildet. Abbildung aus Kern et al. (2012).