Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt
Ab dem 1. Juli 2015 zählt man offiziell die Sonnenflecken anders als bis zu diesem Monat. Aufgrund einer Arbeit eines Teams um Frédéric Clette und Leif Svalgaard und einer ganzen Reihe von internationalen Workshops zum Thema wurde die Version 2.0 der SSN (SunSpotNumber) – Erfassung veröffentlicht. Die alte (auch von uns verwendete) Reihe erhielt die Versionsnummer 1.0 und wird seit Juni 2015 nicht mehr aktuell erhoben. Sie steht als Vergleich jedoch archiviert zur Verfügung. Wir hatten ja nach Konsultation des Mitautoren Leif Svalgaard bereits in die „alte“ Version korrigierend eingegriffen, indem wir bei Vergleichen mit den Aktivitätszahlen vor 1945 diese um den Faktor 1,2 anhoben.
Nun also zu den neuen Daten. Zunächst die Version 2.0 für den Vergleich mit einem synthetischen „mittleren Zyklus“ gebildet durch den arithmetischen Mittelwert der einzelnen Monate für alle Zyklen (Solar Cycles „ SC“) 1-23:
Abb.1: Der bisherige Verlauf des aktuellen Zyklus 24 (rot) im Vergleich zu einem mittleren Zyklus ( blau) und dem Zyklus 5 ( 1798-1810, schwarz).
Demnach war unser Zentralgestirn im Juni 2015 nur zu 58% so aktiv wie im Mittel aller Zyklen. Auch nach neuer Zählweise ergibt sich für die Gesamtaktivität seit Beginn des SC 24 ein Wert der Aktivität von ca. 55%. Für die einzelnen Zyklen wurden auch mit den „SSN 2.0“ die monatlichen Anomalien aufsummiert bis zum aktuellen 79. Monat seit Zyklusbeginn (Dezember 2008) für alle Zyklen:
Abb.2: Die aufsummierten monatlichen SSN- Anomalien der einzelnen Zyklen
Auch mit dem SSN-Datensatz 2.0 zeigt sich: so wenig aktiv war die Sonne zuletzt im SC7, und der war 1833 beendet! Wie verhalten sich nun die Anomalien untereinander beim Versionswechsel? Dazu haben wir die relativen Änderungen in Abb.2 betrachtet, und die neue und „alte“ SSN- Reihe in Abb. 3 verglichen.
Abb. 3: Der Vergleich der bisher verwendeten SSN- Reihe (rot) zur neuen SSN- Reihe (blau)
Außer beim recht unauffälligen SC10 und dem SC22 ergeben sich keine nennenswerten Abweichungen, wir müssen hier also nicht die Geschichte der Solaren Zyklen neu schreiben. Die jüngsten Entwicklungen konnten wir schon seit Jahren gut abbilden. Wir haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, also schon Jahre vor der Änderung der Zählweise der Sonnenflecken durch unsere vorweggenommene Korrektur über die relative Aktivität unserer Sonne über die Zeit seit 1755 zutreffend ins Bild gesetzt.
Was macht die Sonne mit unserem Klima?
Zu diesem Thema gibt es aktuelle Aufregung, die sich allerdings kaum in der Presse niederschlägt. Eine Arbeit im renommierten Astrophysical Journal sagt eine Reduktion der Sonnenaktivität im nächsten Zyklus 25 auf ein Niveau von nur noch 80% des aktuellen (schon recht schwachen) Zyklus 24 und im SC26 auf nur noch ca. 40% voraus. Dies bedeutet: Ein waschechtes Maunder-Minimum wie Ende des 17. Jahrhunderts steht bevor. Die Mitautorin Prof. Valentina Zharkova von der Universität Northumbria verband das mit der Aussage: „Ein Ereignis wie die Kleine Eiszeit.“ Im Rahmen des britischen National Astrononomy Meeting stellte sie ein neues Modell des Sonnendynamos vor. Danach besteht der Dynamo aus zwei Wellen mit einer Frequenz von 11 Jahren, die sich vertsärken oder abschwächen können. In den beiden nächsten Zyklen würden sich die beiden Wellen gegenseitig schwächen und ein Maunder Minimum generieren.
Könnten sich die Temperaturen so verhalten? Darüber entbrannte der Streit. Sofort zogen die Verfechter des alles überwiegenden Treihausgasantriebes ins Feld und gaben zu bedenken: Die Sonne kann ihre Gesamtstrahlung (Total Solar Irradiance, TSI) nur zu ca. 1,5 W/m² mit ihren Aktivitätsvariationen auf der Erde drosseln, mehr geht nicht. Und der Treibhausgasantrieb erreicht bis 2050 deutlich größere Werte. Also keine merkbaren Klimaauswirkungen des wahrscheinlich nahenden Maunder-Minimums? „Regional schon!“ rufen hier die britischen Autoren einer Studie eines Teams um Sarah Ineson, die im Juni 2015 in Nature Climate Change erschien. Ihre Annahmen: Mit der Variation von TSI ändert sich auch der UV-Anteil und diese Änderung ist viel größer als die der Gesamtstrahlung: bis zu 30% meint eine Studie von Yeo und Kollegen aus dem Juni 2015 im Journal of Geophysical Research. Was zieht das nach sich?
Abb. 4: Die Temperatur- Auswirkungen einer Sonnenaktivitätsreduktion im UV- Bereich um 27W/m² Quelle: Ineson et al. 2015
Die Veränderungen wurden mit Klimamodellen ermittelt im Vergleich zu unveränderter Sonnenaktivität. Über die Nordhalbkugel ergeben sich recht erkleckliche 0,5 °C Absenkung. Die gleichen Modelle ermitteln für den Treibhausgasantrieb Werte von um 0,8 °C bis 2050 mehr als heute… aber Vorsicht! Bei Modellen und ihrer Widerspiegelung der klimatischen Realitäten immer unser Bild vor Augen halten:
Abb. 5: Überschätzung der Erwärmung durch Treibhausgase durch die CMIP5- Modelle. Quelle: Kalte Sonne.
Die Sonne könnte also sehr wohl einen bedeutenden Anteil der Erwärmung seit 1950 ausmachen und zwar auf sehr großen Teilen der Nordhalbkugel. Denn wenn sie in der Lage ist, diese Gegend ab 2020 durch ihre zurückgehende Aktivität abzukühlen, dann muss sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit der damals starken solaren Aktivität auch erwärmend gewirkt haben. Schauen Sie sich nochmals in Ruhe unsere Abb. 2 an…