Was ist bloß mit der Sonne los? Wenige Monate vor dem feurigen Gipfel des aktuellen solaren 11-Jahres-Zyklus droht nun die Sonne plötzlich fleckenlos zu werden. Dabei sollte unser Mutterstern doch gerade jetzt wie ein Sommersprossengesicht aussehen. Aber die Flecken spielen einfach nicht mit.
Was hat es eigentlich mit diesen mysteriösen Sonnenflecken auf sich, mag sich der eine oder andere fragen. Sonnenflecken sind relativ kühle und daher dunkel erscheinende Bereiche auf der Sonnenoberfläche, die weniger sichtbares Licht ausstrahlen als der Rest der Oberfläche. Ursache für die Abkühlung sind starke Magnetfelder, die die Konvektion behindern, wodurch im Zentrum der Sonnenflecken weniger Energie an die Sonnenoberfläche gelangt. Was im Zentrum der Flecken an Energie fehlt, macht die Umgebung der Flecken jedoch mehr als wieder wett. Sonnenflecken sind immer mit dem Auftreten von sogenannten Sonnenfackeln (faculae) gekoppelt. Diese Sonnenfackeln sind deutlich heißer als der Rest der Sonnenoberfläche und aus diesem Grund auch außerordentlich hell. Insgesamt führt daher eine erhöhte Fleckenanzahl zu einer Helligkeitssteigerung der Sonne. Kurz gesagt: Mehr Flecken bedeuten eine aktivere Sonne, weniger Flecken eine schwache Sonne.
Die Zählung der Sonnenflecken und das Abschätzen ihrer Größe sind eine einfache, aber sehr effektive Methode, um die Sonnenaktivität zu bestimmen. Auch heute noch ist die Sonnenfleckenrelativzahl eine wichtige Größe, da ihre Messung unabhängig von Effekten in der Erdatmosphäre ist. Selbst mit Amateurmitteln lassen sich Sonnenflecken leicht selbst beobachten. Dazu wird ein (plastikfreies) Fernglas auf einem Stativ oder ein Teleskop auf die Sonne gerichtet. Das Sonnenbild wird dann auf einen dahinterliegenden, abgeschatteten Schirm projiziert. Aber Vorsicht: Niemals durch das Okular des Fernrohrs oder den Sucher der Kamera schauen. Es herrscht akute Erblindungsgefahr!
Heutzutage geht es auch einfacher. Täglich wird im Internet auf mehreren Webseiten das neueste Sonnenbild eingestellt, zum Beispiel auf spaceweather.com (siehe Abbildung unten).
Es gibt zwei offizielle Sonnenflecken-Messzahlen:
—Internationale Sonnenfleckenzahl (=Wolf Zahl; diese Zahl wird z.B. von der NASA bei ihren Sonnenfleckenprognosen angegeben)
—Boulder Sonnenfleckenzahl (diese wird z.B. auf spaceweather.com berichtet, ist etwa um ein Viertel höher als die Internationale Sonnenfleckenzahl)
Also aufgepasst beim Vergleich von Sonnenfleckenzahlen. Immer nur die gleichen Typen nehmen oder umrechnen! Als Daumenregel gilt: Wenn man die offizielle Sonnenfleckenzahl (typ-unabhängig) durch 15 teilt, erhält man ungefähr die Anzahl der Sonnenflecken, die man auf den Sonnenbildchen erkennen kann.
Abbildung: Sonne am 7. April 2012 (spaceweather.com). Nur ein einziger größerer Fleck ist zu erkennen, der die Nummer 1450 trägt. Wird die Sonne jetzt – kurz vor dem solaren Maximum – fleckenlos?
Jede Sonnenfleckgruppe bekommt eine Nummer (im obigen Beispiel ist das die Nummer 1450). Eine Übersicht und Beschreibung der verschiedenen Fleckgruppen gibt es z.B. auf solarham.com oder im Solar Terrestrial Activity Report. Damit kann man die Flecken genau ansprechen und Veränderungen individuell verfolgen. Die Nummer hilft insbesondere, weil die Sonne etwa einmal in 27 Tagen um ihre Achse rotiert, die Flecken also jeden Tag etwas weiter rechts auf den Sonnenbildchen auftauchen, bis sie dann auf die für uns nicht einsehbare Rückseite der Sonne rotieren. Wenn die Flecken stark genug sind und man Glück hat, tauchen sie dann eine halbe Sonnenumdrehung später wieder am linken Bildrand auf. Für Flecken in höheren Sonnenbreiten dauert die Reise etwas länger, da hier die Rotation langsamer abläuft. Den jeweils letzten Umlauf der Sonne kann man in einer stets aktualisierten Bilderserie des Königlichen Observatoriums von Belgien schön nachverfolgen.
Momentan (am 7.4.2012) steht die Boulder-Sonnenfleckenzahl bei 39 (siehe spaceweather.com). Die Internationale Sonnenfleckenzahl liegt entsprechend bei 23 (siehe Solar Terrestrial Activity Report). Derzeit ist nur eine Fleckengruppe zu erkennen, die in Kürze nach rechts von der Bildfläche wegrotieren wird. Wenn jetzt kein neuer Fleck auf der linken Seite neu auftaucht, wird die Sonne fleckenlos sein. Seit 224 Tagen hatte es keinen Sonnenflecken-freien Tag mehr gegeben (siehe Tabelle für Zyklus 24 oben rechts auf solarham.com). Steht uns nun doch noch eine unbefleckte Sonne ins Haus, kurz vor dem Maximum von Sonnenzyklus 24, bei dem die Sonne eigentlich Fleckfieber haben sollte? Lassen wir uns überraschen. Die Nasa prognostiziert, dass dieses Zyklen-Maximum im Frühling 2013 eintritt und einen Monatsdurchschnittswert von etwa 61 haben wird (Typ: Internationale Sonnenfleckenzahl).
Verfolgt man die Sonnenfleckenentwicklung über die letzten Monate, so erkennt man zudem, dass auch im Monatsmittel die Fleckenzahl kürzlich kräftig unter die Ideallinie abgefallen ist (siehe Abbildung unten). Der Absturz und das starke Flackern sind dabei aber nicht unüblich, wie man beim Vergleich mit dem vorangegangenen Zyklus sieht. Jedoch ist das Niveau insgesamt doch deutlich tiefer.
Abbildung: Sonnenfleckenentwicklung der letzten 12 Jahre (Stand 12.3.2012) sowie Prognose für die kommenden Jahre. Quelle: NOAA. Siehe auch WUWT solar reference page und Artikel auf WUWT.
Abbildung: Sonnenfleckenentwicklung der letzten 60 Jahre.
Die Fleckenarmut in diesem fortgeschrittenen Sonnenzyklus-Stadium ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Sonne mittelfristig einen Gang herunterschaltet. Aufgrund des geologisch gut dokumentierten solaren Klimaeinflusses in den vergangenen 10.000 Jahren muss angenommen werden, dass dies wohl einen deutlichen Abkühlungsbeitrag in den kommenden Jahrzehnten zur Folge haben wird, den auch das CO2 nicht vollständig ausgleichen kann (siehe Kapitel 7 in „Die kalte Sonne“).
UPDATE 9.4.2012:
Jetzt ist die Sonne blank und makellos. Flecken: Fehlanzeige.
Sonne am 9. April 2012 um 19 Uhr MESZ. Quelle: WUWT Solar Reference Page.
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