Es ist seit längerer Zeit bekannt, dass sich städtische Regionen durch ihre wärmespeichernde Betonbebauung und Abwärme viel stärker aufheizen als das ländliche Umland. Das Phänomen wird als „städtischer Wärmeinseleffekt“ (englisch: „Urban Heat Island“, UHI) bezeichnet. In einer idealen Welt würde man daher sämtliche Wetterstationen im ländlichen Umland ansiedeln, um die UHI-bedingte Zusatzerwärmung aus den Temperaturmessdaten von vorneherein herauszuhalten. Leider ist dies aus historischen und praktischen Gründen natürlich nicht der Fall, so dass an städtischen Temperaturmessstellen stets mit einer UHI-Beeinflussung zu rechnen ist.
Seit längerem schwelt nun ein Streit zwischen Klimaskeptikern und Vertretern der IPCC-Linie, inwieweit der städtische Wärmeinseleffekt an der gemessenen Erderwärmung der letzten 100 Jahre beteiligt gewesen sein könnte. Die Städte dieser Welt haben sich im letzten Jahrhundert enorm ausgedehnt, da erscheint es durchaus plausibel, dass zumindest ein Teil der in den Statistiken enthaltenen Erwärmung auf den UHI-Effekt zurückgeht. Aber wie viel nur? Auf der klimaskeptischen Seite gibt es Extrempositionen, die am liebsten die gesamte Erwärmung seit 1850 dem UHI anlasten würden. Und auf der anderen Seite gibt es staatliche Wetterdienste, die den UHI nicht einmal aus den Roh-Messdaten herauskorrigieren, da er angeblich statistisch keinen Einfluss habe.
Im Folgenden wollen wir im Rahmen einer kleinen Serie den städtischen Wärmeinseleffekt aus verschiedensten Perspektiven unter die Lupe nehmen. Wie genau funktioniert der UHI-Effekt? Worin sind sich die Experten einig? Wo gibt es Klärungsbedarf? Werden möglicherweise unzulässige „Abkürzungen“ vorgenommen? Wieviel unkorrigierter UHI steckt in den medial intensiv ausgeschlachteten Wärmerekorden des letzten Jahrzehnts?
Darin sind sich alle einig: Städte sind heißer als ihr Umland
Es ist unstrittig, dass es einen städtischen Wärmeinseleffekt gibt und dass die zusätzlichen Erwärmungsbeträge signifikant sein können. Der ORF berichtete am 13. August 2012 über eine entsprechende Studie aus Arizona, in der der UHI-Beitrag quantifiziert wurde:
Plus vier Grad Celsius: Diesen zusätzlichen Temperaturanstieg in den Städten dürften manche Einwohnerinnen und Einwohnern Arizonas bis Mitte des Jahrhunderts zu spüren bekommen. Zurückzuführen ist der Effekt auf das Wachsen von Metropolregionen. Zunehmende verbaute Flächen und weniger Grünflächen machen die Städte heißer. Dieser Temperaturanstieg spielt für die zukünftige Erwärmung in den Städten eine größere Rolle als der Klimawandel, schreiben Wissenschaftler um den Meteorologen und Klimaforscher Matei Georgescu von der Arizona State University [in einer Arbeit in Nature Climate Change]. Untersucht haben sie den „Arizona Sun Corridar“ im trockenen Süden Arizonas mit den Städten Phoenix, Tucson, Prescott und Nogales. […] Die vier Grad Celsius waren das Extrem der zusätzlichen Erwärmung im Sommer aufgrund der Stadterweiterung, das die Forscher in ihren Szenarien berechnet haben. Im besten Fall stünden den Menschen der Region aber immer noch um zwei Grad höhere Temperaturen im Sommer bevor.
Zwei Jahre später legte die Arizona State University nach und warnte, dass die städtische UHI-Hitze die Todesrate in Zukunft signifikant ansteigen lassen wird. In einer Pressemitteilung der Universität vom 30. Mai 2014 heißt es (Auszug):
Study links urbanization, future heat-related mortality
Rising temperatures and urban growth could mean more deaths and hospital visits in Maricopa County […] New Arizona State University research examines the heat-health aspects resulting from urbanization and the challenge of sustainable future growth in Maricopa County. A study released this week shows how urban development could be a factor in the number of lives lost due to heat in future summers. The study is described in the article “Challenges associated with projecting urbanization-induced heat-related mortality,” published in the current online issue of the journal Science of the Total Environment. “Extreme heat is the leading weather-related killer in the United States,” said David Hondula, a postdoctoral scholar in health informatics in ASU’s Center for Policy Informatics and lead author of the study.
Größere Städte speichern mehr (gefährliche) Wärme, das entspricht dem Bild, das wir vom UHI-Effekt haben. Der Teufel steckt allerdings im Detail, wie aus der Pressemitteilung ebenfalls hervorgeht. Durch den UHI würden sich die Tageshöchsttemperaturen nämlich sogar verringern, während sich die Nachtwerte durch die Wärmespeicherwirkung der Bebauung erhöhen würden. Letzteres wäre der eigentliche Auslöser für die Zunahme der Hitzetode. In der Pressemitteilung heißt es:
“Future urbanization will lead to slightly lower summer daytime maximum temperatures in the urban core of Maricopa County compared to the surrounding natural landscape because of the high heat-retaining capacity of the built environment,” Matei Georgescu said. “Continued growth would enhance this effect in the future, leading to further declines in daytime highs and associated declines in health risks. The tradeoff is that nighttime temperatures increase significantly with urbanization, and this nighttime warming is much greater than the expected daytime cooling.” […] “The manner in which the Sun Corridor develops over the next several decades will impact the regional climate and, if no new adaptation measures are introduced, change the health risks for Maricopa County residents associated with extreme heat,” Hondula said. “The greatest health concern comes from large expected increases in nighttime temperatures, which could be mitigated by lower-growth scenarios.
Das nächtliche Hitzeproblem wurde auch am 30. Januar 2015 im Standard thematisiert:
Großstädte waren in den vergangenen vier Jahrzehnten zunehmend von Hitzewellen betroffen. Zwischen 1973 und 2012 gab es in rund der Hälfte von 217 weltweit untersuchten Städten mit über 250.000 Einwohnern eine Zunahme sehr heißer Tage, wie es in einer im britischen Fachmagazin „Environmental Research Letters“ veröffentlichten Studie heißt. Noch stärker macht sich aber die mangelnde Abkühlung nach Sonnenuntergang bemerkbar: Eine Zunahme von Nächten mit sehr hoher Temperatur verzeichneten gar zwei Drittel der untersuchten Städte. Unter den fünf Jahren in diesem Zeitraum, in denen es die meisten Hitzewellen gab, waren die Jahre 2009, 2010, 2011 und 2012.
In einer dazugehörigen Pressemitteilung der University of California in Los Angeles vom 29. Januar 2015 präzisieren die Autoren den Mechanismus:
“Our findings suggest that urban areas are experiencing a kind of double whammy — a combination of general climatic warming combined with the heat island effect, wherein human activities and the built environment trap heat, preventing cities from cooling down as fast as rural areas,” said Dennis Lettenmaier, a co-author of the study and a UCLA geography professor. “Everything’s warming up, but the effect is amplified in urban areas.” […] “The fact that the trend was so much stronger at night underscores the role of the heat island effect in urban areas,” Lettenmaier said. “You have heat being stored in buildings and in asphalt, concrete and other building materials, and they don’t cool down as quickly as they would outside of the urban area. This effect was likely exacerbated by decreasing wind in most of the urban areas.” The study is one of the first to focus solely on the extent of extreme weather in urban areas globally and to examine disparities between densely populated and less-densely populated areas.
Wie funktioniert der Städtische Wärmeinseleffekt?
Ganz so trivial ist der UHI also doch nicht. Es lohnt sich durchaus, zunächst ein wenig tiefer in die Grundlagen einzutauchen. Wikipedia erläutert, wie der Städtische Wärmeinseleffekt genau zustande kommt:
Die Wärmeinsel ist ein typisches Merkmal des Stadtklimas und wird durch die Wechselwirkung mehrerer unterschiedlicher Effekte hervorgerufen. Durch die starke Aufwärmung tagsüber und die eingeschränkte Abkühlung nachts werden die Städte im Vergleich zum Umland deutlich wärmer. Durch die Geometrie der Bebauung vergrößert sich die Oberfläche, auf der Sonnenstrahlung absorbiert wird. Dies führt besonders in austauscharmen, sommerlichen Schönwetterperioden zu einer Aufheizung der Baukörper. Im Gegensatz zu unbebauten Flächen wirken bebaute Flächen wie ein Wärmespeicher. Der Boden unbebauter Flächen heizt sich durch die Beschattung durch die Vegetation und deren Verdunstungsleistung weniger stark auf. In Strahlungsnächten kann gering bedeckter natürlicher Boden seine Wärmeenergie durch Wärmestrahlung wieder abgeben. Über unbebauten Wiesenflächen kühlt sich die Luft Nachts daher schneller ab. […] Der verbaute Stein heizt sich schneller auf. Er ist aber auch ein besserer Wärmespeicher, und gibt seine Wärme nachts langsamer ab. Die Luft in der Umgebung kann sich so nicht mehr abkühlen. Die nächtliche Abstrahlung der Wärme wird auch durch die Einengung des Horizonts in Straßenschluchten teilweise unterbunden. Es treten Mehrfachreflexionen an den Häuserwänden auf. Die Luftzirkulation und der Zustrom bzw. das Einsickern von kühlerer Luft aus dem Umland oder aus größeren außerdem durch die Bebauung eingeschränkt. Wenn Emittenten in sogenannte Grünflächen wird Kaltluftschneisen gebaut werden (Verkehrs- und Industrieanlagen), wird die nun langsamer zufließende Kaltluft mit Schadstoffen angereichert. Die erhöhte Partikelkonzentrationen in der städtischen Luft dämpft ihrerseits nochmals die Abstrahlung von Wärme. Ein weiterer Faktor, der zur Erwärmung der Innenstädte führt, ist die großräumige Flächenversiegelung. Niederschlagswasser läuft daher schnell ab und steht nicht für die Verdunstung zur Verfügung. Da die Verdunstung Wärme verbraucht, führt auch dieser Effekt zu einer geringeren Abkühlung (oder umgekehrt zu einer Erwärmung) der Städte.
Die US-amerikanische Environmental Protection Agency (EPA) veranschaulicht den UHI-Effekt in der folgenden Graphik eindrücklich:
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Städtischen Wärmeinseleffektes (UHI). Graphik: EPA.
Eine gute Übersicht zum UHI gibt auch der folgende Videobeitrag des Weather Channel:
Die Hauptdarsteller
Vertiefen wir uns noch etwas weiter in die Einzelakteure des städtischen Wärmeinseleffekts.
1) Dicht bebaute Städte haben eine hohe passive Wärmespeicherung
Wie bereits angesprochen, besitzen Beton und Asphalt die Eigenschaft, Wärme zu speichern, wodurch sich die Städte in den Nächten weniger stark abkühlen als das ländliche Umland. Dies ist ein Effekt, der sich über die Stadt hin aufsummiert und eine Wärme-Insel erzeugt, die von allen Thermometern der Stadt festgestellt werden kann. Nun kann es jedoch auch passieren, dass einzelne Temperaturmessstellen an besonders ungeeigneten Orten liegen und direkt an sich besonders stark aufheizenden Blechdächern oder asphaltbedeckten Parkplätzen liegen. Inwiefern verfälschen diese schlecht positionierten Wetterstationen die Statistik? Eine Gruppe um Anthony Watts hat in einer großangelegten Studie in den USA Wetterstationen auf ihre Lage hin analysiert und hinsichtlich ihrer Beeinflussung durch wärmespeichernde Bauten klassifiziert. Dabei fanden die Forscher eine Vielzahl von Stationen, deren Thermometer im Nahbereich beeinflusst wurden. In ihrer 2011 im Journal of Geophysical Research veröffentlichten Studie (Fall et al.) dokumentierten sie die statistische Auswertung ihrer Studie. Das Ergebnis überraschte ein wenig: Es war ziemlich egal, ob eine Messstelle gut oder ungünstig postiert war, der Mittelwert der Temperatur war in beiden Fällen ziemlich ähnlich. Die Ursache war folgende: Tagsüber schienen die beeinflussenden Bauten der schlecht positionierten Wetterstationen Wärme zu schlucken, welche bei der gemessenen Temperatur dann fehlte. Und nachts gaben sie diese Wärme offenbar dann wieder ab, was die Minimumwerte anstiegen ließ. Beides mittelte sich dann im Endeffekt heraus. In der Kurzfassung der Arbeit liest sich das so:
Temperature trend estimates vary according to site classification, with poor siting leading to an overestimate of minimum temperature trends and an underestimate of maximum temperature trends, resulting in particular in a substantial difference in estimates of the diurnal temperature range trends. The opposite-signed differences of maximum and minimum temperature trends are similar in magnitude, so that the overall mean temperature trends are nearly identical across site classifications. Homogeneity adjustments tend to reduce trend differences, but statistically significant differences remain for all but average temperature trends.
In einem späteren Manuskript aus dem Jahr 2012 verwendete ein Teil der Watts-Gruppe eine weiterentwickelte Methodik und postulierte, dass schlecht positionierte Wetterstationen nun doch eine stärkere mittlere Erwärmung aufweisen als gut positionierte. Allerdings scheint das Manuskript bis heute unveröffentlicht zu sein, da Probleme in der Vorgehensweise entdeckt wurden. Die neuen Ergebnisse sollten daher mit Vorsicht genossen werden.
Oft wird auch das Beispiel von Flughäfen genannt, die im Verdacht stehen, die Temperaturstatistik nach oben verfälscht zu haben. Selbstverständlich ist aufgrund der großen Beton- und Asphaltflächen mit einer Wärmeinsel zu rechnen. Interessanterweise scheint diese jedoch über die Zeit ziemlich konstant zu sein, so dass der regionale Erwärmungstrend der Flughäfen meist demjenigen des Umlandes entspricht. Eine entsprechende statistische Analyse ist im Clear Climate Code-Blog dargestellt.
2) Aktive Wärmequellen heizen die Stadt auf
In den Städten befinden sich unzählige feste und mobile Wärmequellen, die ebenfalls die Wärmeinsel steigern. Mit Infrarotkameras kann man schön die Schornsteine, Auspuffe, entweichende Hauswärme und andere Wärmequellen erkennen. Die Wetterstationen der Stadtregionen erfassen diese Zusatzwärme und registrieren hierdurch erhöhte Temperaturen. In einem Interview mit dem ORF vom 27. April 2012 geht der Chemiker Manfred Sietz auf das Problem ein. Sietz leitet die Arbeitsgruppe „Chemie und Umweltmanagement“ an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo:
SCIENCE.ORF.AT: Was hat Entropie mit Nachhaltigkeit zu tun?
MANFRED SIETZ: Nachhaltig ist das, was den Klimawandel verlangsamt. Die Menschheit entkommt ihm nicht. Die Frage ist daher, wie man ihn so verlangsamt, dass für unsere Kinder und Kindeskinder noch ein attraktives Leben möglich ist. Aus meiner Sicht ist der Klimawandel eine Folge der Entropiezunahme in der Atmosphäre. Die Leute konzentrieren sich alle auf Kohlendioxid. In Wirklichkeit ist das Kohlendioxid in seiner Bedeutung überbetont. Denn was die Temperaturerhöhung in der Atmosphäre bewirkt, ist die ungenutzte Abwärme. Der Klimawandel wird verlangsamt, wenn weniger Abwärme in die Atmosphäre abgegeben wird.
Knapp ein Jahr nach diesem Interview bestätigte eine Studie in Nature Climate Change die Befürchtungen. Die städtische Abwärme hat einen viel komplexeren und weitreichenderen Einfluss auf das Klima als zuvor gedacht. Spiegel Online berichtete am 28. Januar 2013:
Die Abwärme großer Städte verändert das Wetter nicht nur im Umland, sondern auch noch Tausende von Kilometern entfernt. Das zeigt eine Analyse, die erstmals den Energieverbrauch in Städten in ein gängiges Klimamodell eingerechnet hat. Demnach sorgt die Wärme der Städte an den Küsten Nordamerikas und in Europa für wärmere Winter in Russland, im Norden Asiens und im Süden Kanadas. Gleichzeitig verursacht sie kühlere Temperaturen in Europa. Der Energieverbrauch könnte daher ein bisher übersehener Faktor bei der globalen Erwärmung und der Grund für einige bisher unerklärte regionale Temperaturtrends sein, berichtet das Team um Guang Zhang von der University of California in San Diego im Fachblatt „Nature Climate Change“. Die Abwärme der Städte, die beim Verbrauch von Energie entsteht, scheint unterschätzt worden zu sein: Sie galt bisher lediglich als ein Faktor für die meist deutlich höheren Temperaturen in Städten im Vergleich zum Umland, ein Phänomen, das Wärmeinsel-Effekt genannt wird. Weiträumige Auswirkungen wurden nicht erwartet. Tatsächlich scheint die Abwärme das Klima jedoch in weit größerem Maßstab zu beeinflussen, wie die neue Analyse der Forscher zeigt. Anlass zur Studie gab die Überlegung, dass die bisher berücksichtigten Faktoren lediglich für eine Umverteilung der ohnehin vorhandenen Wärmeenergie sorgen, während die Abwärme zusätzliche Energie in den Kreislauf einträgt.
Weiterlesen auf Spiegel Online.
Die regionalen Klimaverschiebungen durch die Abwärme würden sich jedoch insgesamt aufheben, schreiben die Forscher in einer Pressemitteilung vom 27. Januar 2013:
Cities change temperatures for thousands of miles
Even if you live more than 1,000 miles from the nearest large city, it could be affecting your weather. In a new study that shows the extent to which human activities are influencing the atmosphere, scientists have concluded that the heat generated by everyday activities in metropolitan areas alters the character of the jet stream and other major atmospheric systems. This affects temperatures across thousands of miles, significantly warming some areas and cooling others, according to the study this week in Nature Climate Change. The extra “waste heat” generated from buildings, cars, and other sources in major Northern Hemisphere urban areas causes winter warming across large areas of northern North America and northern Asia. Temperatures in some remote areas increase by as much as 1 degree Celsius, according to the research by scientists at the Scripps Institution of Oceanography; University of California, San Diego; Florida State University; and the National Center for Atmospheric Research. At the same time, the changes to atmospheric circulation caused by the waste heat cool areas of Europe by as much as 1 degree C, with much of the temperature decrease occurring in the fall. The net effect on global mean temperatures is nearly negligible—an average increase worldwide of just 0.01 degrees C. This is because the total human-produced waste heat is only about 0.3 percent of the heat transported across higher latitudes by atmospheric and oceanic circulations. However, the noticeable impact on regional temperatures may explain why some regions are experiencing more winter warming than projected by climate computer models, the researchers conclude. They suggest that models be adjusted to take the influence of waste heat into account. […] The researchers stressed that the effect of waste heat is distinct from the so-called urban heat island effect. Such islands are mainly a function of the heat collected and re-radiated by pavement, buildings, and other urban features, whereas the new study examines the heat produced directly through transportation, heating and cooling units, and other activities.
3) Können wir den Thermometern vertrauen?
Die Thermometer-Technologie hat sich in den letzten 100 Jahren signifikant verändert. Früher wurde analog gemessen, während heute digitale Geräte eingesetzt werden. Könnte hier vielleicht eine Fehlerquelle sitzen? Haben die modernen digitalen Thermometer zusätzliche „künstliche“ Erwärmung ‚dazuerfunden‘? Ein entsprechender Verdacht wurde vor kurzem von dem Meteorologen Klaus Hager ausgesprochen, dem Josef Kowatsch und Stefan Kämpfe auf EIKE am 23. Januar 2015 nachgingen:
Ein Stationsleiter einer Klimastation des Deutschen Wetterdienstes, Herr Hager aus Augsburg, hat seit 1995 seine Messstation weiter herkömmlich betreut und gleichzeitig digital mit den neuen Methoden die Messungen in den neuen Wetterhütten durchgeführt, um interessehalber beide Ergebnisse vergleichen zu können. Er stellt fest: Die digitalisierte Methode in der neuen Wetterhütte brachte bei seiner Station über achteinhalb Jahre eine Erhöhung um 0,9°C gegenüber der herkömmlichen Messung, siehe hier seine aktuellen Veröffentlichungen und bei Hagers Seite. Auch bei EIKE wurde am 13. Jan. ein Artikel darüber veröffentlicht. In der Berliner Wetterkarte wurden die Ergebnisse ausführlich diskutiert. Damit stellt sich die Frage, ob dieses Ergebnis der 0,93K Erwärmung durch die Messmethodenänderung nur ein Einzelfall in Augsburg war oder ob das Ergebnis verallgemeinert werden kann. Hat die Umstellung der Messmethoden in den Jahren zwischen 1985 und 2000 generell zu einer gemessenen Klimaerwärmung geführt, die in der freien Natur so gar nicht stattgefunden hat?
Kowatsch und Kämpfe machten sich ans Werk und suchten intensiv in den Temperaturstatistiken nach diesem Effekt, allerdings weitgehend ergebnislos. An den Thermometern scheint es also nicht zu liegen. Die beiden Autoren schlussfolgern:
Ergebniszusammenfassung: Die […] Frage, ob allein die Messmethode zu diesem Temperatursprung zwischen 1985 und 2000 geführt hat, beantworten wir mit Nein. Die Änderung der Messmethoden und die neuen Wetterhütten haben jedoch sicherlich einen Anteil an diesem Erwärmungssprung. Wie groß dieser Anteil ist, das können wir mit diesem Artikel und dem uns vorliegendem Datenmaterial nicht beantworten. Der Augsburger Stationsleiter schreibt selbst, die von ihm ermittelten 0,93°C würden nur für Augsburg gelten und jede Station würde sich anders verhalten.
In einem anderen Fall hat der Thermometerwechsel allerdings nachweislich zu einer Verfälschung der Temperaturmessung geführt, wie eine am 16. Januar 2015 in den Geophysical Research Letters veröffentlichte Studie einer Forschergruppe der University of Montana um Jared Oyler fand. Seit Mitte der 1990er Jahre wurden im Hochgebirge der Rocky Mountains traditionelle Wetterstationen durch automatische Stationen des sogenannten SNOTEL-Typs ausgetauscht. Wie sich jetzt herausstellte, ermittelten die SNOTEL-Thermometer fälschlicherweise zu hohe Werte, die jetzt mühsam herunterkorrigiert werden müssen. Im Folgenden die Pressemitteilung der Forscher:
In a recent study, University of Montana and Montana Climate Office researcher Jared Oyler found that while the western U.S. has warmed, recently observed warming in the mountains of the western U.S. likely is not as large as previously supposed. His results, published Jan. 9 [2015] in the Journal Geophysical Research Letters, show that sensor changes have significantly biased temperature observations from the Snowpack Telemetry (SNOTEL) station network. More than 700 SNOTEL sites monitor temperature and snowpack across the mountainous western U.S. SNOTEL provides critical data for water supply forecasts. Researchers often use SNOTEL data to study mountain climate trends and impacts to mountain hydrology and ecology. Oyler and his co-authors applied statistical techniques to account for biases introduced when equipment was switched at SNOTEL sites in the mid-1990s to mid-2000s. His revised datasets reduced the biases to reveal that high-elevation minimum temperatures were warming only slightly more than minimum temperatures at lower elevations. “Observations from other station networks clearly show that the western U.S. has experienced regional warming,” Oyler said, “but to assess current and future climate change impacts to snowpack and important mountain ecosystem processes, we need accurate observations from the high elevation areas only covered by the SNOTEL network. The SNOTEL bias has likely compromised our ability to understand the unique drivers and impacts of climate change in western U.S. mountains.”
The Daily Caller arbeitete die Hauptnachricht noch weiter heraus:
Montana Climate Office researcher Jared Oyler found that western mountain temperatures were inflated between 217 and 562 percent. Oyler’s analysis of SNOTEL weather stations says the “extreme warming observed at higher elevations is the result of systematic artifacts and not climatic conditions.” When these “artifacts” are removed, SNOTEL data shows there is no accelerated warming in western U.S. mountains. “With artifacts removed, the network’s 1991–2012 minimum temperature trend… is statistically indistinguishable from lower elevation trends,” writes Oyler.
ScienceNews.org titelte zur Studie am 16. Januar 2015:
Faulty thermometers exaggerated western U.S. mountain warming
Incorrect temperatures were used in snowpack and ecology research
In Deutschland sparte man die Panne in den Medien aus und ignorierte das Paper. Da könnte ja glatt jemand auf die Idee kommen, Ähnliches wäre auch anderswo möglich. Apropos, Ähnliches IST anderswo soeben passiert, nämlich in Australien. Der Australische Wetterdienst (Bureau of Meteorology, BoM) hatte dort im Januar 2015 einen neuen Allzeit-Hitzerekord für die Stadt Alice Springs verkündet. Kurze Zeit später zog das BoM die Meldung wieder zurück. Begründung: Das Thermometer war wohl defekt, andere Thermometer in der Nähe konnten den Rekord nicht bestätigen.
Zwischenfazit
Fassen wir kurz zusammen:
- Städte besitzen gegenüber ihrem Umland eine deutliche Wärmeanomalie, die von niemandem bestritten wird.
- Die Tageshöchstwerte fallen in der Stadt geringer aus als im Umland, da Beton und Asphalt einen Teil der Wärme schluckt. In der Nacht wird diese Wärme nach und nach wieder abgegeben und macht die Stadt zu dieser Zeit deutlich heißer als die ländliche Umgebung.
- Die Temperaturmessungen von städtischen Wetterstationen werden zum Teil im Nahbereich durch Bauten beeinträchtigt, allerdings gleichen sich Kühlung tagsüber und Aufheizung nachts gegenseitig offenbar aus.
- In den Städten produzierte Abwärme verstärkt die Wärmeinsel und führt sogar im überregionalen Bereich zu klimatischen Veränderungen. Einige Regionen werden dadurch wärmer, andere kälter. Beides gleicht sich aus, so dass der Gesamteffekt gering ist.
- Im Großen und Ganzen kann man den Rohwerten der Temperaturmessungen wohl vertrauen. Allerdings gibt es einige spektakuläre Einzelfälle, wo durch Wechsel der Messtechnik oder Defekte zuviel Wärme gemessen wurde als in der Realität wirklich herrschte.
Im nächsten Teil unserer Serie zum städtischen Wärmeinseleffekt wollen wir uns das Fallbeispiel Deutschland anschauen. Wieviel UHI steckt nun wirklich in der offiziell gemeldeten Erwärmung der letzten 100 Jahre?
————————-
Alle Teile unserer UHI-Serie im Überblick:
Teil 1: Der Elefant im Raum: Ist der Städtische Wärmeinsel-Effekt vernachlässigbar?
Teil 2: Großer städtischer Wärmeinseleffekt – kleine Wirkung? Wir fragen beim Deutschen Wetterdienst nach
Teil 4: Städtischer Wärmeinseleffekt: Blick nach Europa
Teil 5: Städtischer Wärmeinseleffekt: Blick nach Amerika
Teil 6: Städtischer Wärmeinseleffekt: Blick nach Asien. Eine faustdicke Überraschung!