Das arktische Meereis hat den Freunden der Klimakatastrophe in den letzten beiden Sommer (2013 und 2014) nicht viel Freude eingebracht. Es wollte einfach nicht so schön schmelzen wie 2012, als ein neuer Negativrekord für das Satellitenzeitalter erreicht wurde (Abbildung 1). Interessanterweise erreichte das arktische Meereis 2014 sogar die größte Sommerausdehnung der letzten 5 Jahre (Abbildung 2).
Abbildung 1: Arktische Meereisausdehnung für die Jahre 2012 (dunkelgrün gestrichelt), 2007 (hellblau), 2013 (braun) und 2014 (hellgrün). Die schwarze Linie stellt einen langjährigen Mittelwert für 1981-2010 dar. Quelle: NSIDC. Eine weitere schöne interaktive Meereisgraphik gibt es bei der University of Illinois (The Cryosphere Today).
Abbildung 2: Arktische Meereisausdehnung für die Jahre 2010-2014. Die schwarze Linie stellt das Jahr 2014 dar. Der langjährigen Mittelwert ist durch eine graue Linie und Flächen veranschaulicht. Quelle: DMI.
Nun hatten die IPCC-nahen Forschungsinstitute ein echtes Problem. Wie kann der Öffentlichkeit diese Zunahme des Eises am schonendsten beigebracht werden? Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) zeigte in seiner alljährlichen Pressemitteilung zum Meereis vom 16. September 2014, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Das AWI titelte:
Aktuelle Meereis-Situation: Anhaltender Rückgang in der Arktis, neues Maximum in der Antarktis
Neues Maximum in der Antarktis, ok, das entspricht der Wahrheit und ließ sich wohl nicht mehr vertuschen. Aber „anhaltender Rückgang in der Arktis“ ist schlichtweg gelogen. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Lesen wir einige weitere Auszüge aus dem AWI-Text:
Die Meereisfläche in der Arktis ist in diesem Jahr auf ein Sommerminimum von etwa 5,0 Millionen Quadratkilometern zurückgegangen. Dieser Wert liegt rund 1,6 Millionen Quadratkilometer über dem Negativrekord aus dem Jahr 2012, bestätigt aber nach Einschätzung der Meereisphysiker Marcel Nicolaus vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) und Lars Kaleschke vom Hamburger Exzellenzcluster für Klimaforschung (CliSAP) den langfristigen Abwärtstrend in der Arktis. […] Von einer Trendumkehr in der Meereisentwicklung der Arktis kann daher keine Rede sein – auch wenn die verbleibende Eisfläche in diesem Jahr die Werte aus den beiden Extremjahren 2007 und 2012 übertrifft“, sagt Meereisphysiker Marcel Nicolaus vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
Im Text wird nun plötzlich mit einem „langfristigen Trend“ argumentiert. Das Wort „langfristig“ fehlt aber in der Überschrift. Das ist unredlich. Vielleicht hätte man eine Vergleichsgraphik zwischen 2012 und 2014 bringen können, zum Beispiel wie jene in Abbildung 3. Dann wäre der Titel „Anhaltender Rückgang in der Arktis“ schnell ad absurdum geführt worden.
Abbildung 3: Vergleich der arktischen Meereisausdehnung im Spätsommer 2012 (links) und 2014 (rechts). Stichtag ist jeweils der 1. September. Quelle: The Cryosphere Today. Eine Fülle weiterer Animationen und Daten zum arktischen Meereis finden Sie hier.
Wenn man sich den Verlauf des arktischen Meereises während der letzten 35 Jahre so anschaut, bekommt man schon den Eindruck, als hätte sich der Rückgang in den letzten 6 Jahren nach der rasanten Schmelzphase 1997-2007 nun verlangsamt (Abbildung 4). Es scheint sich eine Art niedriges Meereis-Plateau gebildet zu haben, aus der lediglich die schmelzreichen Sommer 2007 und 2012 herausstechen.
Abbildung 4: Verlauf des arktischen Meereises während der letzten 35 Jahre. Quelle: The Cryosphere Today. Chart stammt aus dem Dezember 2014.