Die Sonne im Mai 2014 und die Wärme aus dem Meer

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Unser Fixstern war im Mai 2014 wiederum nur unternormal aktiv. Nach dem „Aufbäumen“ im Februar mit dem recht wahrscheinlichen Zyklusmaximum ging es in den dann folgenden Monaten bergab mit der monatlichen mittleren SSN (Sun Spot Number- Sonnenfleckenzahl), im letzten Monat waren es 75,2.

Abb. 1: Die monatliche SSN bis zum aktuellen Monat 66 nach dem Beginn des SC (solar cycle, Sonnenzyklus) 24 (rot), der mittlere Zyklus als monatliche Mittelwerte der bisherigen Zyklen 1-23 ( blau) und der bisher numerisch ähnliche SC1 (grau). Bei Vergleichen mit frühen Zyklen ist eine gewisse Unschärfe der Daten zu beachten.

 

Gegenüber der mittleren Aktivität waren das recht genau 75%. Das Maximum des aktuellen Zyklus zieht sich recht lange hin. Das erkennt man auch aus dem Verlauf der polaren Magnetfelder. Wir hatten über deren Bedeutung schon hier  berichtet, es wird Zeit für eine Aktualisierung:

Abb.2: Der Verlauf der Stärke der polaren Magnetfelder seit Beginn des Zyklus 24. Das Bild zeigt die 10-tägigen Messungen (Daten: Wilcox Solar Observatory) bis Mitte Mai – solarer Nordpol: blau; solarer Südpol: rot) und eine Glättung der beiden Reihen.

 

Es fällt auf, dass insbesondere das Feld des Nordpoles der Sonne nach seinem ersten Nulldurchgang im Mai 2012 nun wieder ein negatives Vorzeichen hat. Eigentlich sollten inzwischen beide Pole reversiert sein und die Stärke der Magnetfelder wieder zügig zunehmen und damit das SSN-Maximum beenden. Bereits vor Jahresfrist hatten beide Pole die „richtigen“ Vorzeichen, jedoch verharren sowohl der Süd- als auch (besonders) der Nordpol um null, momentan haben wir sogar wieder zwei gleich orientierte Pole wie es zwischen Mai 2012 und Mai 2013 bereits der Fall war.

Bei den Betrachtungen zum Umpolverhalten ist zu beachten, dass die Werte der polaren Magnetfelder im nächsten Sonnenflecken-Minimum (etwa 2019 zu erwarten) der erste Hinweis auf die Stärke des nächsten Zyklus ist. Wo werden die Linien in Abb. 2 also in etwa 5 Jahren angekommen sein? Wenn sie weiter so dümpeln wird es sehr wahrscheinlich nur ein besonders inaktiver Zyklus 25 werden.  Die Sonne bleibt dann polar-magnetisch kalt wie bisher. Auch die Fleckenanzahl im Vergleich zu den vorherigen SC  ist ganz besonders niedrig:

Abb. 3: Die über die einzelnen SC aufaddierten monatlichen Anomalien zum Mittelwert (blau in Abb.1)

 

Es bleibt dabei: auch im Abschwung  (zumindest im statistischen Mittel, vgl. Abb. 1) des Zyklus wird der Balken ganz rechts in Abb. 3 immer länger… nach unten!

Wer aufmerksam die Medien zum Thema Klima verfolgt wird in den vergangenen Wochen immer mal wieder einen Begriff gelesen haben: El Nino. Was ist das eigentlich? Wir sollten uns die Erde vom Weltraum aus ansehen um einen Begriff zu bekommen, was da vor sich geht. Wenn ein Raumschiff sich der Erde nähert (wir denken uns Außerirdische im Anflug…) dann kann es sein, dass sie vermuten: ein fast reiner Wasserplanet!

Abb. 4: Die Erde aus dem Weltraum (Quelle: Google Earth) mit dem Pazifik

 

Besonders der Äquator ist eine riesige lange Strecke mit nichts als Wasser und dort ist es naturgemäß besonders warm, die Sonne „heizt“ hier besonders. Auf die gesamte Erdoberfläche treffen von ihr täglich 10,7 hoch 21 Joule an Energie, das ist 764 mal mehr als in Deutschland in einem ganzen Jahr an Primärenergie verbraucht wird!  Wenn die Luft über dem äquatorialen Pazifik durch die Sonne erwärmt wird dann steigt sie auf. Sie kühlt sich in der Höhe ab und driftet vom Äquator weg, symmetrisch nach Nord und Süd. Dann sinkt sie wieder ab und wird von der Thermik des Äquators wieder angezogen. Da sich die Erde dreht wird die Luft auf ihrer Rundreise abgelenkt und daher weht nördlich und südlich ein sehr stabiler Wind aus Nordost auf der Nordhalbkugel und aus Südost auf der Südhalbkugel, genannt: Passatwind.

Wenn solch ein immerwährender Wind die große Wasserwüste des äquatorialen Pazifik bewegt dann entstehen Wellen, die das Wasser von Ost nach West schieben. Auch dieses  wird von der Sonne erwärmt und so kommt es, dass im Westen des Pazifiks am Äquator das Wasser im Mittel 2 Grad Celsius wärmer (etwa 29,5 Grad) ist als im Osten (etwa 27,5 Grad). Aber im Westen um Indonesien herum ist ja Land, die Reise zwangsläufig zu Ende und es kommt ja immer mehr warmes Wasser daher. Es wird daher auch in einiger Tiefe (bis zu 400m) „gebunkert“. Der Wärmeinhalt des Meeres dort ist global am höchsten, man spricht vom Indo- Pazifischen Warmpool  (IPWP).  Der Meeresspiegel ist dort auch höher, neben dem Wind führt auch das warme Wasser durch ein größeres Volumen zu einem Anstieg.

Wenn jedoch das Wasser im Osten vom Passat Richtung IPWP „verblasen“ wird… dann muss dort auch etwas nachströmen: kälteres Tiefenwasser. Das also ist der ganz normale Verlauf rund um den Äquator des riesigen pazifischen Beckens.  Es stauen sich Ungleichheiten an und die Kraft des Passats ist auch nicht unendlich. Alles schreit nach Ausgleich, auch die Schwerkraft, die „Beulen“ auf Wasser nicht dulden will. Wenn der Passatwind nun einmal schwächelt dann setzt eine Kettenreaktion ein: Die Wärme des Westens bahnt sich zunächst in der Tiefe einen Weg Richtung Osten, dieses Stadium wird „Kelvinwelle“ genannt. Und genau das beobachtete man ab Februar dieses Jahres:

Abb.5: Die Anomalien der Wassertemperaturen des äquatorialen Pazifik in Tiefen bis 400m (Quelle: Australian Bureau of Meteorology). 

 

Ganz im Osten vor der südamerikanischen Küste wird nun kein kühles Tiefenwasser mehr angesaugt (man nennt das „Upwelling“)  sondern die Wärme, die im Westen vor Indonesien „gebunkert“ war. Das hat Auswirkungen auf die Troposphäre. Es ist jetzt auch im Osten wärmer, dort verdunstet mehr Wasser, es bilden sich dort Tiefdruckgebiete, die im „Normalfall“ dort nicht auftreten. Das schwächt den Passatwind noch weiter und dieses „Aufschaukeln“ von Ozean und Troposphäre erzeugt ihn dann: den El Nino. Er kann sehr heftig werden, sehr viel Wärme des IPWP kommt an die Oberfläche und lässt die Globaltemperatur (allerdings weitgehend auf die Tropen begrenzt) ansteigen. Eins der der heftigsten Ereignisse war das von 1997/1998:

Bild 6: Der sich entwickelnde ElNino von 1997/98 ausgewiesen durch die Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen- SST =Sea Surface Temperature (Quelle: Weather World 2010 Project).

 

Ein Merkmal ist, dass sich ein El Nino immer am Ende eines Jahres in voller Pracht präsentiert, daher auch der Name: Christkind- Junge. Die große Frage in diesem Jahr ist nun: kommt ein El Nino (der aufmerksame Leser hat bemerkt: eine ausgeprägte Kelvinwelle ist eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung für ein heftiges Ereignis, die Atmosphäre muss auch mitspielen…) und wenn ja: wie heftig?

Bis Ende Mai ist eine Vorhersage sehr, sehr schwierig, auch wenn Computer-Modelle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (97% ?) von einem El Nino ausgehen, bereits seit Monaten. Sie irren häufig genug , wie wir wissen! Was wir jedoch beobachten: Die Troposphäre reagiert diesmal kaum oder gar nicht. Ein ganz guter Indikator ist der SOI (Southern Oscillation Index)  und der zeigt momentan auf „neutral“. Auch die Differenz der SST zwischen West- und Ostpazifik ist sehr weit weg von den Werten, die im Sommer 1997 verzeichnet wurden. Daher deuten die Zeichen momentan eher auf ein kleineres Ereignis oder gar keins hin..

Wie es weitergeht?  Sie erfahren es mit als erste. Bleiben Sie unsere Leser und verzeihen uns den kleinen „Cliffhanger“.