Vor einigen Wochen hatten wir an dieser Stelle über eine Forscherin berichtet, die sich an der Universität Bremen mit „Klimaethik“ beschäftigt. Die Betroffene, Denise Müller, schrieb uns daraufhin einen netten Brief, den wir ebenfalls hier veröffentlichten (siehe „Wir haben Post bekommen: Diskussion zur Ethik des Klimawandels„). Sebastian Lüning gab Frau Müller daraufhin einige Leseempfehlungen zur Römischen und Mittelalterlichen Wärmeperiode. Freundlicherweise sandte uns Frau Müller in der Folge ihre Masterarbeit zu, in der sie sich auch mit unserem Buch „Die kalte Sonne“ beschäftigt hatte. Lüning bedankte sich und schrieb am 20. April 2014:
Liebe Frau Müller,
Ganz herzlichen Dank für Ihre Masterarbeit, die ich mir gerne durchlesen werde. Beim ersten Überfliegen freue ich mich natürlich, dass Sie auch unser Buch „Die kalte Sonne“ behandeln. Interessant Ihre Einschätzung „mehr als Pamphlet denn als wissenschaftliche Publikation“. Ich glaube mich zu erinnern, dass wir ein 80-seitiges Literaturverzeichnis im Buch haben, die
meisten Arbeiten hiervon peer-reviewed. Auch kann ich Ihnen versichern, dass mein persönlicher Antrieb ganz klar aus der Wissenschaft kommt. Ich würde es Zivilcourage nennen, wenn man sieht, dass eine öffentliche Diskussion stark aus dem Ruder läuft und die Argumentation offensichtlich fehlerhaft ist.Vielleicht finden Sie ja noch mal Zeit, die wissenschaftlichen Quellen zur Mittelalterlichen und Römischen Wärmeperiode in Alaska anzuschauen. Es lohnt sich.
Österliche Grüße,
Sebastian Lüning
Am 26. April 2014 erschien dann ein Beitrag in Denise Müllers Blog zu dieser Korrespondenz:
Klimaethik – The aftermath
Mein kleiner Vortrag im Haus der Wissenschaft in Bremen ist ein paar Klimaskeptikern ziemlich aufgestoßen – und das, obwohl sie nicht mal da waren! Aber sie haben bei ihrer aufwändigen Recherche in der Stadtteilausgabe des Weser Kuriers ein paar Dinge gefunden, die ihnen gar nicht schmeckten:
Es folgten der Text unseres Blogartikels sowie des Briefes, den Frau Müller uns zusandte. Müller schreibt dann weiter:
… die Herrschaften kamen meiner Bitte sogar nach: http://www.kaltesonne.de/?p=17090. Ich bin positiv überrascht, dass sie meine Antwort tatsächlich veröffentlichten. Ich muss allerdings sagen, dass die Beteuerungen der Autoren, sie seien so wahnsinnig an wissenschaftlichem Austausch interessiert, irgendwie seltsam sind angesichts der Polemik, der sie sich bedienen (übrigens etwas, was ich in meiner Masterarbeit schon bemängelt habe). Oder hat schon mal jemand ein Paper mit dem Titel “Heiliger IPCC der du bist in Genf” gelesen? Ich denke nicht.
Naja, Spaß muss sein. Aber immerhin bewegen wir uns damit auf demselben Niveau wie einige begutachtete IPCC-nahe Publikationen. Zum Beispiel hatten Stephan Lewandowsky und einige andere finstere Gesellen 2013 im Fachmagazin „Frontiers in Psychology“ ein Paper mit dem schaurigen Titel
„Recursive fury: Conspiracist ideation in the blogosphere in response to research on conspiracist ideation“
veröffentlicht. Das war dann so schräg, dass es nach einiger Zeit wieder zurückgezogen werden musste.
Denise Müller schreib weiter:
Doch zum Inhalt: In meiner Masterarbeit spreche ich natürlich an, wie man mit Folgen umgeht, die man nur begrenzt voraussehen kann. Doch selbst wenn das Ausmaß des Klimawandels und seiner Folgen noch Gegenstand wissenschaftlicher Debatten ist, heißt das ja nicht, dass man sich nicht über Klimaethik Gedanken machen kann. Der Kern des Problems ist doch ein theoretischer: Die Menschheit stößt mehr und mehr Treibhausgase aus. Mehr Treibhausgase absorbieren mehr Strahlung, und re-emittieren mehr Wärmestrahlung zurück zur Erdoberfläche. Das Wissen genügt doch schon, um das Unternehmen Klimaethik zu rechtfertigen. Denn: Der Teil der Menschheit, der die meisten Treibhausgase ausstößt, hat genug finanzielle Mittel, um sich an ein verändertes Klima anzupassen. Am verletzlichsten sind hingegen diejenigen, die bereits jetzt arm sind – und die zum Klimawandel so gut wie gar nicht beitragen. Und so eine offensichtliche Ungerechtigkeit soll man nicht diskutieren dürfen, nur weil es ein paar Unklarheiten über das Ausmaß des Klimawandels gibt?
Gedanken kann man sich über Klimaethik immer machen. Aber wenn die Klimakatastrophe ausbleibt, sollte man seine Gedanken lieber auf sinnvollere Themen lenken. Wie wäre es zum Beispiel mit sauberem Trinkwasser für momentan unterversorgte Regionen der Erde? Bevölkerungsexplosion, Malaria, Krebs, Korruption, Luftverschmutzung, häusliche Gewalt oder Kinderarbeit? Sind dies nicht viel akutere Ungerechtigkeiten, die wir heute effektiv bekämpfen könnten und müssten? Gerade die reichen Gebiete der Welt könnten hier Pionierarbeit für den Rest der Erde leisten.
Die Konzentration auf ein angebliches Klimaproblem, dass 2050 oder 2100 eintreten oder auch nicht eintreten könnte, erscheint recht albern, wenn man die Vielzahl an drängenden Problemen im Hier und Jetzt sieht. An dieser Stelle sollte die Ethik einmal ansetzen: Weshalb versperren sich die gesättigten „Klimaretter“ aus der Ersten Welt den wahren Problemen unserer heutigen Zeit?