Die Sonne im Dezember 2013: Ein Aufleben

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Für die Sonnenbeobachter gab es im letzten Monat etwas zu tun, es gab nämlich Flecken und nicht zu knapp. Die Aktivität erreichte 84% des Mittelwertes der bisherigen Zyklen 1-23, mit der offiziellen SSN (Sunspotnumber) von 90,3 erreichte die Sonne im Dezember 2013 einen zweiten Peak:

Bild 1: Der Vergleich der Aktivität im aktuellen Zyklus 24 mit dem Mittelwert aller beobachteten Zyklen und dem Zyklus 5

 

Er war in der Höhe schon vergleichbar mit dem von vor 25 Monaten (November 2011) nur diesmal war die Südhemisphäre der Sonne vorrangig daran beteiligt: zu 82%. Das war beim ersten Ausbruch noch gänzlich anders, damals trug die Nordhemisphäre der Sonne die „Hauptverantwortung“ für die Aktivität. Für den Vergleich mit den einzelnen  vorherigen Zyklen wird nun die Sonnenfleckanomalie,  also die monatlichen  Abweichungen der einzelnen Zyklen vom  Mittelwert (blau im Bild 1), aufsummiert bis zum aktuellen Monat unseres Zyklus. Das ergibt dieses Bild:

Bild 2: Die aufsummierte Sunspotanomalie seit Beginn der Messungen unter Berücksichtigung der veränderten Zählweise vor 1945 durch die „Waldmeier- Diskontinuität“ ( vgl. Cliver et al. 2013).

 

Die geringe Aktivität des Dalton- Minimum zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist sehr deutlich zu sehen, ebenso wie die sich anschließende Phase relativ unauffälliger Aktivität bis etwa 1950. Dann gab es einen deutlichen Zuwachs der Aktivität, und der Zyklus 23 ab 1996 läutete wohl bereits den sehr rapiden Abfall bis heute ein. Einzelne Monate wie der letzte mit höherer (aber noch nicht einmal durchschnittlicher) Aktivität können dieses Bild kaum ändern. Wir sehen gegenwärtig nach wie vor die geringste Sonnenaktivität der letzten 170 Jahre, die wenigsten Sonnenflecken. Was sind Sonnenflecken eigentlich? Im bewegten Plasma  der Sonne werden Magnetfelder erzeugt und die können den Energiefluss in der oberen  konvektiven Schicht der Sonne recht stark beeinflussen.

Bild 3: Der Aufbau der Sonne. Im Kern ( etwa 1/8 der Sonnengröße) wird durch Kernfusion die Energie erzeugt. Sie wird zunächst durch Strahlung nach außen transportiert, später durch Konvektion, also durch bewegtes Plasma. Der Begriff „Höllenlärm“ erhält hier wohl seine ursprüngliche Bedeutung. Quelle: Wikipedia. Kelvinsong / Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

 

Diese Felder können es schaffen, den Energiefluss der Konvektion örtlich zu reduzieren, es bilden sich dunkle Flecken auf der Sonnenoberfläche. Wenn das mehrfach in benachbarten Regionen passiert kommt es vor, dass unterschiedlich gepolte Magnetfeldlinien sich berühren und ein Kurzschluss entsteht. Damit brechen die Magnetfelder zusammen und die zurückgehaltene Energie kann schlagartig entweichen. Dann sprechen wir von einem Flare, einer Explosion auf der Sonne. Wenn sie stark genug ist  wird Sonnenmaterie ins All geschleudert mit solcher Wucht, dass sie die Gravitation der Sonne überwinden kann und davonfliegt. Der Name für diese Erscheinung lautet CME (Coronale Massenejektion). Das könnte bei einem „Treffer“ auch auf der Erde unliebsame Folgen haben, wenn das Erdmagnetfeld mit der eintreffenden Materiewolke interagiert und in kurzen Zeiträumen starke Schwankungen eintreten, die ihrerseits in allen Leitern auf der Erdoberfläche große Ströme induzieren (geomagnetische Stürme).

Dafür ist unsere vernetzte Zivilisation anfälliger als noch vor 60 Jahren. Ausfälle bei Energie- und Kommunikationsnetzen, auch an Satelliten könnten die Folge sein. Sehr häufig sind solche Gefahren nicht, es müssen mehrere Bedingungen gegeben sein, damit ein Ernstfall eintritt. Über die Auswirkungen von CME im Zyklus 24 wurde erst unlängst im Dezember 2013 bei der Herbsttagung der AGU (American Geophysical Union) diskutiert und festgestellt, dass die geomagnetischen Stürme in ihrer Stärke recht gering sind, obwohl wir nach wie vor CME beobachten. Sie sind sogar schneller als in den vergangenen Zyklen. Das wird auf einen um etwa 40% geringeren Gegendruck in der Korona (vgl. Bild 3) zurückgeführt. Dadurch können sich die CME schneller bewegen, haben jedoch weniger Wirkung. Das Video der Vorträge zum Thema ist hier zu sehen.

Der Umkehrschluss: Die geringe Sonnenaktivität seit 2006 reduziert die Dichte der Korona um nicht unerhebliche Werte. Große Auswirkungen also nicht nur auf der Oberfläche sondern weit in den Einflussbereich der Sonne hinein. Und genau da dreht auch die Erde ihre (fast) Kreise. Wir dürfen weiter gespannt sein, was noch gefunden wird. Wenn es so eintrifft( wie viele Forscher annehmen) dass es noch weiter sinkende Sonnenaktivität geben wird bis in die Mitte des Jahrhunderts, dann ist da noch viel Potenzial. Wie stellt Leif Svaalgard am Ende des zitierten Videos fest:

So geringe Sonnenaktivität wie gegenwärtig hat noch keiner der heute Lebenden erlebt. Interessante Zeiten!