Neue Studie der ETH Zürich lehnt schwindendes arktisches Meereis als Hauptauslöser für kalte europäische Winter ab

Die Winter in Europa sind in den letzten Jahren ungewöhnlich kalt ausgefallen. In Potsdam machte man sich daraufhin große Sorgen. Das passt doch gar nicht in das Hitzeszenario, das man jahrelang öffentlich vertreten hatte. Was sollen denn die Leute nun denken? Ein Bug-Fix musste dringend her. Und die Rahmstorf-Truppe enttäuschte nicht: Schnell war der Schuldige für die kalten Winter nachträglich schnell gefunden: Es war das schwindende Meereis! Schnell ein Paper dazu geschrieben, von ein paar gleichgesinnten Gutachtern durchgewinkt und eine Pressemitteilung dazu. Die Zeitungen stiegen sofort darauf ein. Die geliebte Klimakatastrophe war vorerst gerettet.

Aber es war nur eine Hypothese, eine Vermutung. Harte Daten hatte man nicht. Öffentliche Kritik unerwünscht. Dennoch machte sich kürzlich eine Forschergruppe von der ETH Zürich um Franziska Gerber die unnötige Mühe, etwas genauer nachzuhaken. Ist das schwindende arktische Meereis wirklich Schuld an den kalten Wintern? Ihre Ergebnisse befinden sich mittlerweile in den Geophysical Research Letters im Druck und lassen aufhorchen: In den Klimasimulationen zeigte sich, dass das arktische Meereis nur eine untergeordnete Rolle spielt. Auch die sich erwärmende Arktis kann die kalten Winter nicht richtig erklären.

Franziska Gerber und ihre zwei Kollegen folgern daher, dass die Wissenschaft nach weiteren, noch unbekannten Mechanismen für die europäische Winterkälte suchen muss. Die Zürcher Forscher halten es auch für möglich, dass es gar keinen externen Auslöser für die unerwartet harten Winter gibt, sondern dass es sich vielleicht einfach um klimasysteminterne natürliche Schwankungen handelt.

Im Folgenden die Kurzfassung der neuen Arbeit:

Despite global warming, Europe experienced several unusually cold winters in recent years. Reduced sea-ice concentration in the Arctic and increased sea-surface temperatures (SSTs) in the Atlantic are independently hypothesized as possible triggers for such cold winters. We investigate the individual and combined influence of Barents Sea and Atlantic sea-ice and SST conditions on European winter temperatures. In our simulations cold extremes become more frequent, but the imposed sea-ice and/or SST anomalies only weakly affect European winter mean temperatures. We argue that a forced cooling of European mean temperatures would have to include additional mechanisms, but the variability of European winter temperatures is large and cold winters could just be the result of internal variability.

Was nun, Herr Rahmstorf?

 

Siehe auch unseren Blogartikel "Studie der Colorado State University widerspricht dem PIK: Arktischer Meereisschwund führt nicht zu mehr Extremwetter".