Pressemitteilung des Geoforschungszentrums (GFZ) Potsdam vom 4. Dezember 2013:
Klimaänderungen können im regionalen Maßstab sehr schnell ablaufen. Ein deutsch-britisches Forscherteam hat jetzt festgestellt, dass sich solch schnelle Klimaänderungen räumlich unterschiedlich mit über 120 Jahren Zeitdifferenz ereignet haben. Untersuchungen in der Eifel und in Südnorwegen ergaben, dass am Ende der letzten Vereisungsphase, etwa 12 240 Jahre vor heute, eine Erwärmung stattfand, die zunächst in der Eifelregion feststellbar war und erst 120 Jahre später in Südnorwegen. Gleichwohl lief diese Erwärmung vergleichsweise schnell in beiden Regionen ab.
Das Team um Christine Lane (Universität Oxford) und Achim Brauer vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ stellt in der neuen Ausgabe von „Geology“ (Nr. 41, 12, S. 1251–1254) fest, dass in der Jüngeren Dryas (eine etwa 1100 Jahre dauernde Phase gegen Ende der letzten Eiszeit) eine Erwärmung stattfand, die zunächst die Eifelregion erfasste. Bohrkerne aus dem Meerfelder Maar zeigten im See-Sediment ein dafür typisches Ablagerungsmuster. Im Krakenes-See in Südnorwegen fand sich ein ähnliches Muster – allerdings erst 120 Jahre später.
Wie kommt man zu einer solchen eindeutigen Zeitmarkierung? „Vor 12140 Jahren gab es einen mächtigen Ausbruch des Vulkans Katla auf Island“, erklärt Achim Brauer. „Die Asche aus diesem Ausbruch hat sich über weite Teile Nord- und Mitteleuropas verteilt, als feinste Aschepartikel finden wir sie in den Seeablagerungen wieder. Durch Auszählung von Jahreslagen können wir das Alter der Asche sehr genau bestimmen.“ Damit ist diese Ascheschicht eine eindeutige Zeitmarke im Sediment der Seen in der Eifel und in Südnorwegen. Seesedimente sind darüber hinaus sehr präzise Klimaarchive, denn darin finden sich jahreszeitliche Ablagerungen als Schichten wieder, ähnlich wie Baumringe. „Die Fleißarbeit besteht darin, jetzt tausende von einzelnen Ablagerung unter dem Mikroskop abzuzählen und auszuwerten“, so Brauer, „um damit das vergangene Klima Jahr für Jahr bis weit in die Vergangenheit rekonstruieren.“
Die Asche des Katla-Vulkanausbruchs lagerte sich also zum gleichen Zeitpunkt in der Eifel und in Südnorwegen ab. Bezogen auf diese eindeutige Zeitmarke zeigten die See-Sedimente der Eifel eine rasche Erwärmungsphase gegen Ende der Jüngeren Dryas 100 Jahre vor der Aschelage, in Südnorwegen hingegen 20 Jahre nach der Aschelage. Die gleiche Erwärmung, aber 120 Jahre Zeitdifferenz zwischen den beiden ca 1200 Kilometer entfernten Orten? Achim Brauer: „Wir erklären das über die Verlagerung der Windsysteme. Die Klimaänderung ging regional sehr schnell vonstatten, aber die Polarfront, also die atmosphärische Trennfläche zwischen der Polarluft und der Luft der mittleren Breiten brauchte über 100 Jahre für ihren Rückzug von der geographischen Breite der Eifelmaare bei 50° auf ihre Lage in Südnorwegen bei 62°.“ Also eine schnelle Änderung, die langsam nach Norden wanderte.
Das Ergebnis kann weitreichende Auswirkungen auf Forschung für sowohl das vergangene wie das zukünftige Klima haben. Die Annahme einer überall zeitgleich ablaufenden Änderung ist nicht immer gegeben und Klimamodelle müssen solche regionalen Aspekte stärker berücksichtigen.
Abbildung: Merfelder Maar (Foto: Maarmuseum Manderscheid)