Tauchen wir heute noch etwas weiter ein in die eisige grönländische Geschichte. Im ersten IPCC-Klimabericht präsentierte der Weltklimarat eine interessante Temperaturentwicklung Grönlands für die letzten 150 Jahre. Überraschenderweise waren die 1930er Jahre wärmer als heute (Abbildung 1). An dieser Situation hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert (Abbildung 2).
Abbildung 1: Sommertemperatur in Grönland für die letzten 150 Jahre. Aus 1. IPCC Klimazustandsbericht von 1990.
Abbildung 2: Temperaturentwicklung der grönländischen Station Godthab Nuuk (basierend auf NASA GISS Daten).
Dazu passt dann auch die Beobachtung eines Forscherteams um Paul Leclercq von der Universität Utrecht, dass viele grönländische Gletscher ihre intensivsten Abschmelzphasen bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Ergebnisse im November 2012 im Fachmagazin The Cryosphere. Bereits Ende 2011 war eine Arbeit von Camilla Andresen in Nature Geoscience erschienen, in der eine intensive Schmelzphase des grönländischen Helheim Gletschers in den 1930er Jahren dokumentiert wurde. Auch eine Arbeit von Kobashi et al. (2013) bestätigte diese warme Phase (siehe auch unseren Blogbeitrag „Grönländische Temperaturen von Sonnenaktivität beeinflusst: Je stärker die Sonne, desto kälter war es in Grönland“). In der gleichen Studie dokumentierten die Forscher auch eine gut ausgeprägte Mittelalterliche Wärmephase, die das grönländische Eis kräftig abschmelzen ließ. Eisfrei war Grönland damals selbstverständlich nicht (siehe auch unseren Blogbeitrag „Grönländische Istorvet-Eiskappe war während der Mittelalterlichen Wärmeperiode kleiner als heute“). Dies steht auch nirgendwo in unserem Buch. Dennoch machte Stefan Rahmstorf aus einem Interview-Übertragungsfehler gleich eine Sensationsstory. In einem Beitrag in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) hatte Fritz Vahrenholt ursprünglich von der Küste Grönlands gesprochen, im Original der NOZ fehlte später leider die Einschränkung.
Im Juni 2013 erschien im Fachmagazin The Journal of Climate eine interessante Arbeit eines Teams um Jason Box vom Byrd Polar Research Center. Mithilfe von Eiskerndaten und Modellierungen rekonstruierten die Wissenschaftler die Schneeablagerungsrate auf dem grönländischen Eisschild für die letzten 400 Jahre. Überraschenderweise fanden sie seit dem Ende der Kleinen Eiszeit um 1840 eine deutliche Steigerung der Schneeablagerungsrate. Wer hätte das gedacht.