Sehr oft lesen und hören wir, die Eiskappen würden immer schneller schmelzen und der Meeresspiegelanstieg hätte sich daher in den letzten Jahrzehnten bereits beschleunigt. Bis 2100 wäre daher ein bis zu 2 m höherer Meeresspiegel zu befürchten. Es ist richtig, dass sich der Großteil des in Form von Eis auf dem Land gebundenen Wassers im antarktischen Eisschild befindet. Wenn dieser komplett abschmölze, würde der Meeresspiegel um 60-65m ansteigen.
Zum Glück besitzen wir heute Satelliten, mit denen wir die Eiskappen der Erde permanent überwachen können. Mittlerweile haben sich hier Daten von etlichen Jahren angesammelt. Da müsste man doch eigentlich nur die Höhe der Eiskappe detailliert über den Kontinent vermessen und dann automatisch auf das Eisvolumen schließen. Aus der Veränderung könnte man dann die Abschmelzrate berechnen.
Ganz so einfach ist es aber dann leider nicht. Nach der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren taute ein Teil des antarktischen Eises ab, wodurch der Kontinent entlastet wurde und wie ein entladenes Schiff langsam aufstieg, ein Vorgang der noch immer anhält. Dies ist die sogenannte glacial isostatic adjustment (GIA). Und eben dieser Wert ist nicht einfach zu ermitteln. Die Unsicherheit beträgt hierbei 50-150 Milliarden Tonnen pro Jahr (Gigatonnen/Jahr). Dies ist kein Pappenstiel, der bisher angenommene Schmelzbetrag für die Gesamtantarktis beträgt lediglich 26 Gigatonnen pro Jahr. Da ist die Unsicherheit um ein Mehrfaches höher als das angebliche Datensignal, was nicht gerade Vertrauen in die Ergebnisse stiftet.
Ein internationales Forscherteam um Erik Ivins vom Jet Propulsion Lab im kalifornischen Pasadena hat sich nun die isostatische GIA-Korrektur näher angeschaut und auf Basis von neuen Überlegungen und Daten überarbeitet. Die Ergebnisse veröffentlichten Sie vor kurzem (2013) im Journal auf Geophysical Research. Dabei bestimmten sie auf Basis der Daten des letzten Jahrzehnts, dass die antarktische Eisschmelze im schlimmsten Fall einen Beitrag von 0,16 mm pro Jahr am weltweiten Meeresspiegelanstieg besitzt. Dies ist signifikant weniger als der Weltklimarat in seinem letzten Klimabericht von 2007 veranschlagt hat. Damals ging der IPCC noch von einem antarktischen Meeresspiegel-Beitrag von im schlimmsten Fall 0,56 mm pro Jahr aus (Tabelle SPM1 des IPCC AR4-Berichts).