In der Weltwoche erschien nun ein langes Interview mit Fritz Vahrenholt, in dem er die Hauptthesen unseres Buches „Die kalte Sonne“ erläutert. Ein kurzer Auszug:
Vahrenholt: „Wissenschaftliche Erkenntnisse kann man nicht durch Abstimmungen erreichen, sondern am Ende nur durch überzeugende Argumente und den Abgleich der Modelle mit der Klimageschichte. Das beste Beispiel für die Diskrepanz der IPCC-Klimamodelle mit der Wirklichkeit ist für mich die Entwicklung der letzten dreizehn Jahre. Denn wir haben seit dreizehn Jahren keine Erwärmung der globalen Temperatur mehr, aber CO2 wird weiter ausgestoßen. Darauf muss doch die herkömmliche Wissenschaft eine Antwort haben.“
Weltwoche: „Nun ist eine Erklärung die, dass die Erwärmung ins Meer gegangen ist.“
Vahrenholt: „Warum jetzt auf einmal? Dann sagt man auch: Die chinesischen Aerosole haben’s gemacht. Da melde ich starke Zweifel an. Die chinesischen Aerosole waren bis 2005 gut genug abzukühlen, haben es aber nicht vermocht. Seit 2005 haben die chinesischen Kohlekraftwerke Entschwefelungsanlagen. Das passt alles nicht wirklich zusammen. Man versucht verzweifelt, an der Natur vorbei zu diskutieren. Es wäre doch logisch, sich einmal die natürlichen Einflüsse anzuschauen. Und das ist für mich etwas recht Überraschendes, dass man dies nicht unvoreingenommen tut.“
Seit einigen Wochen hält Die Zeit offensichtlich einen Dauer-Slot für die Berichterstattung zu unserem Buch frei. Die von der Zeit vorgebrachten Argumente entpuppten sich jedoch als fachlich ziemlich dürftig, wie unsere Artikel-Analysen deutlich gemacht haben. Falls Sie unsere Kommentierung der Zeit-Artikel noch nicht kennen, können Sie diese hier nachlesen:
—Treppenstufen ins Abseits: Wie ‚Die Zeit‘ ihre Leser verschaukelt.
–Kritische Überprüfung des Zeit-Faktenchecks (im Medienecho Tag 4).
—Die Zeit nahm sich nicht die Zeit, um auf ‚Die kalte Sonne‘ zu warten.
Nun ist wieder eine neue Woche angebrochen – und Die Zeit lässt Bernhard Lorentz von der Stiftung Mercator mit seinem Artikel „Beweise, bitte!“ über unser Buch meckern. In guter Tradition der kleinen Anti-Kalte-Sonnen-Reihe in der Zeit lässt es leider auch Lorentz an der notwendigen wissenschaftlichen Sorgfalt mangeln. Gleich in der Titelunterschrift geht es los. Lorentz wirft uns doch glatt vor, wir würden die wissenschaftliche Auseinandersetzung scheuen. Hat der Mann eigentlich schon einmal unsere Medienechos auf www.kaltesonne.de gelesen, wo wir detailliert auf die von einigen Fachwissenschaftlern vorgebrachten Gegenargumente eingehen? Im Gegenteil, wir stehen jederzeit für wissenschaftliche Diskussionen zur Verfügung.
Dann zitiert Lorentz ein großes Wort des amerikanischen Politikers Daniel Patrick Moynihan »Jeder hat ein Anrecht auf seine eigene Meinung. Niemand aber hat ein Anrecht auf seine eigenen Fakten.« Sehr wahr. Nur seltsam, dass gerade Lorentz diesen Ausspruch bringt. Denn die von ihm im Artikel aufgeführten vier angeblichen Beweise für eine bedrohlich starke Klimawirkung des CO2 sind aussagelos, bewusste Irreführung des Laienpublikums (die er ironischerweise gerade uns vorwirft) oder schlichtweg falsch. Fangen wir vielleicht gleich mal bei „schlichtweg falsch“ an. Lorentz behauptet: „Die Sonnenaktivität hat seit den 1970er Jahren nicht zu-, sondern leicht abgenommen.“ Der 20. Sonnenfleckenzyklus um 1970 war besonders schwach. Danach stieg die Sonnenaktivität aber wieder stark an und erreichte für zwei Zyklen (Nr. 21 und 22) ein sehr hohes Niveau (siehe Abbildung unten). Eine Abnahme ist hier weit und breit nicht zu erkennen. Zudem unterliegt Lorentz wohl dem Logik-Fehlschluss, es sei bei einer kontinuierlichen Erwärmung auch ein Anstieg der Sonnenaktivität für die ganze Zeit zu fordern. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall, denn auch ein konstant hohes Niveau der Sonnenaktivität (Zyklen 21 und 22) kann eine fortschreitende Erwärmung herbeiführen, da sich wie bei einem Topf Wasser auf konstant hoher Flamme erst allmählich ein Gleichgewicht zwischen Wärmequelle und Wasser- bzw. Erdtemperatur einstellt. Da auch prominente deutsche Klimaforscher das Scheinargument einer sich abschwächenden Sonne seit 1970 anführen, muss davon ausgegangen werden, dass Lorentz dieses einfach ungeprüft übernommen hat. Erst ab 2000 ist eine Abnahme der Sonnenaktivität zu verzeichnen, Zyklus 23 ist wieder schwächer als die beiden vorangegangenen Zyklen. Tja, und ungefähr um die gleiche Zeit kam auch die rasante Erwärmungsphase von 1977-2000 zum Stillstand. Seit 2000 ist die Temperatur nicht weiter angestiegen. Zufall?
Abbildung: Sonnenfleckenzyklen (mit laufender Nummer) als Maß für die Sonnenaktivität seit 1600.
Noch ein angeblicher Beweis von Lorentz gegen unser Buch: „Dass CO2 ein Treibhausgas ist, dass das Klima umso stärker erwärmt, je mehr davon in der Luft ist, gilt bereits seit dem 19. Jahrhundert als wissenschaftlich etabliert.“ Das bestreiten wir ja auch gar nicht. Das CO2 verursacht in unserer schematischen Prognose in Kapitel 7 ein ganzes Grad Temperaturerhöhung (siehe Abbildung 72 auf Seite 318 in „Die kalte Sonne“). Es geht nicht um ’sein oder nicht sein‘, sondern um den genauen, quantitativen Betrag der CO2-Klimasensitivität, welche der IPCC nach unserer Meinung viel zu hoch angesetzt hat.
Nächster angeblicher Beweis von Lorentz: „Der CO2-Gehalt der Atmosphäre war seit einer Million Jahren nicht so hoch wie heute. Menschengemachte Emissionen an Treibhausgasen überlagern seit Jahrzehnten deutlich die natürlichen Klimafaktoren — dadurch gerät das Klimasystem aus dem Gleichgewicht.“ Zum einen war der CO2-Gehalt während des größten Teils der vergangenen 500 Millionen Jahre deutlich über dem heutigen Wert. Zum anderen stellt sich die Frage, wie relevant der unbestrittene CO2-Anstieg überhaupt ist, wenn man realistischere CO2-Klimasensitivitäten von 1,0-1,5°C pro CO2-Verdopplung annimmt, gegenüber Werten von bis zu 4,5°C seitens des IPCC. Sicher überlagern sich momentan anthropogene und natürliche Klimaeinflüsse. Aber eines unserer Hauptargumente ist, dass die natürlichen Klimafaktoren weiterwirken und deren Klimasignal der letzten 150 Jahre fälschlicherweise dem CO2 zugeschlagen wurde. Auch wir sagen ein weiteres Ansteigen der Temperaturen vorher, also eine Störung des „Gleichgewichts“, jedoch lediglich in einem beherrschbaren Ausmaß gegenüber den apokalyptischen Szenarien des IPCC.
Und hier noch das vierte angebliche Gegenargument von Lorentz: „Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn exakter Temperaturaufzeichnungen liegen fast alle im 21. Jahrhundert — eine Ausnahme bildet das Jahr 1998, das vom Klimaphänomen El Nino geprägt war.“ Er hätte es auch anders ausdrücken können: ‚Die letzten zehn Jahre haben sich die Temperaturen auf einem hohen Temperaturplateau eingependelt. Seit 2000 herrscht ein vorläufiger Erwärmungsstop.‘ Nichts anderes bedeutet nämlich seine Aussage. Nur hat er sie so verdreht, dass das „Laienpublikum“ (wie Lorentz so schön sagt) in die Irre geführt wird.
Aber in einem Punkt liegt Lorentz dann doch goldrichtig: »Jeder hat ein Anrecht auf seine eigene Meinung. Niemand aber hat ein Anrecht auf seine eigenen Fakten.« Dass er sich damit wohl eher selber meinte, wird er nicht geahnt haben.
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Die Solarkritik. de meldete sich jetzt mit einer Einschätzung zu unserem Buch sowie zur neu entfachten Klimadebatte zu Wort. Es wird u.a. beanstandet: „Allerdings gefällt SOLARKRITIK.DE bei den Aktivitäten von Fritz Vahrenholt nicht, dass auch Vahrenholt sehr wichtige, kritische Informationen über die globale Erwärmung ebenfalls nicht erwähnt. Denn Vahrenholt erwähnt auch nicht, dass seit über 150 Jahren der globale Mittelwert von 15°C aus dem natürlichen Treibhauseffekt trotz Erderwärmung gar nicht überschritten worden ist.“ Das ist schon ein bisschen seltsam, denn wir zeigen im Buch auf, dass Zeitpunkt und Erwärmungsbetrag der Klimaerwärmung der letzten 150 Jahre seit Ende der Kleinen Eiszeit genau in das natürliche Schema des solaren 1000-Jahres-Eddy-Zyklus passen. Dazu käme dann noch ein unbekannter Erwärmungseffekt durch CO2 den es genauer einzugrenzen gilt.
Ganz so schlimm scheint unser Buch dann doch nicht zu sein. Auch Solarkritik.de wundert sich natürlich über „…das zweifelhafte Nicht- und Halbwissen deutscher Journalisten über die Klimadiskussion“. Solarkritik.de stellt richtig fest: „Auch hinterfragen deutsche Journalisten nicht die langjährigen, widersprüchlichen Klimathesen deutscher Klimaforscher, wie z.B. die Thesen von Jochem Marotzke, Hartmut Grassl oder Mojib Latif.“ Dazu kann man noch einige aufschlussreiche Videos von Latif & Co. auf der Seite anschauen.