Am 1. September 2014 verbreitete der Deutschlandfunk schlechte Nachrichten aus der Antarktis:
An den Antarktis-Küsten steigt der Meeresspiegel besonders schnell an
Im südlichen Polarmeer sei der Wasserspiegel um acht statt um sechs Zentimeter angestiegen – und damit stärker und schneller als in anderen Regionen der Welt, berichten Forscher der Universität Southampton im Fachblatt „Nature Geoscience“ nach der Auswertung von Satelliten-Aufnahmen aus den letzten 19 Jahren. Die Ursache des Wasseranstiegs liege im Abschmelzen des antarktischen Eispanzers sowie von Gletschern. So gelangten jährlich an die 350 Milliarden Tonnen Süßwasser ins Meer. Das Süßwasser schwimme auf dem dichteren Salzwasser und führe so zu regionalen Meeresspiegelerhöhungen: vor allem vor der Westküste der Antarktis und entlang der antarktischen Halbinsel.
In der Antarktis steigt der Meeresspiegel schneller als anderswo. Den Pinguinen ist es vermutlich herzlich egal, und Strandvillen drohen ebenfalls nicht überflutet zu werden. Trotzdem wollen wir noch einmal nachhaken. Wie stellt sich der angeblich so dramatische Meeresspiegelanstieg im globalen Kontext dar? Eine Karte der per Satellit vermessenen Anstiegsraten für die letzten 22 Jahre zeigt in der Tat Küstenabschnitte der Antarktis mit einem schnellen Meeresspiegelanstieg (dunkel rote Bereiche in Abbildung 1). Allerdings gibt es auch antarktische Küstenabschnitte, an denen sich der Meeresspiegel im gleichen Zeitraum abgesenkt hat (blaue Bereiche in Abbildung 1). Davon lesen wir beim Deutschlandfunk seltsamerweise nichts.
Abbildung 1 : Meeresspiegelanstiegsrate für den Zeitraum 1993 bis heute. Quelle : University of Colorado.
Wieder einmal wird klar, dass wir es mit einer komplexen Entwicklung zut un haben, in der es starke regionale Unterschiede gibt. Zudem gibt es zeitliche Veränderungen der Anstiegsrate, die im Zusammenhang mit Ozeanzyklen stehen, die im Bereich von 60 Jahren oszillieren. Craig Rye und die Coautoren des besprochenen Artikels in Nature Geoscience haben dankenswerterweise ein Daten-Supplement zu ihrer Arbeit zum download verfügbar gemacht. Abbildung S4 dieses Supplements enthält eine interessante Darstellung der Meeresspiegelentwicklung der Antarktis (Abbildung 2; Trend abgezogen). Schön zu sehen ist eine ausgeprägte zyklische Komponente. Diese muss jedoch zunächst voll verstanden werden, bevor Aussagen zum langfristigen Meeresspiegeltrend in der Antarktis gemacht werden können. Generell ist die Satellitendatenreihe seit 1993 viel zu kurz, um Effekte der Ozeanzyklik zu identifizieren und korrigieren zu können wie eine andere Studie der University of Southampton zeigen konnte (siehe „University of Southampton: Erst 2020-2030 wird man wissen, ob sich der Meeresspiegelanstieg beschleunigt oder nicht“).
Abbildung 2: Meeresspiegel-Schwankungen im Südpolarmeer. Langfristiger Anstiegstrend ist von den Daten bereits abgezogen, um die Zyklizität herauszuarbeiten. Quelle: Abbildung S4 im Supplement zu Rye et al. 2014.
Mit Dank an WUWT. Pressemitteilung der University of Southampton hier. Mit diesem Beitrag beenden wir unsere Artikel-Serie zur aktuellen Meeresspiegelforschung.